Ein wirklich versöhnliches Ende zeichnet sich nicht nur ab, sondern kann durchaus schon bilanziert werden. Nachdem in den ersten Tagen eine für viele Schachfreunde unerträgliche Remisflut das Bild in Dortmund bestimmte, kam es tatsächlich zu dem von Peter Leko am Donnerstagabend mir gegenüber angekündigten "Sturm" - der nach der Ruhe. Schon am Freitag gab es gleich zwei entschiedene von vier Partien. Am Samstag ebenfalls, so dass es zu der äußerst spannenden Konstellation kam, mit Svidler und Leko zwei Spitzenreiter, mit Adams und Kramnik zwei chancenreiche Verfolger zu sehen. Und alle Vier trafen auch noch heute aufeinander! Zwar remisierten Adams und Svidler recht früh, aber die Art und Weise, wie heute sowohl Boris Gelfand, als auch Arkadij Naiditsch ihre Partien gewannen..... das war echtes Spitzenschach.
Die beiden Kommentatoren Dr. Helmut Pfleger und Klaus Bischoff waren sich mit ihrem Gast Professor Eckhard Freise einig: Das war von beiden erkämpft und verdient. Arkadij Naiditsch hat einmal mehr bewiesen, dass er durchaus zur erweiterten Weltspitze zählt. Nach seiner Auftaktniederlage schloss er mit 50% in einem Kat-19-Turnier ab, es gibt nicht allzuviele weltweit, die das erspielen. Boris Gelfand beendet mit 4 aus 7, das entspricht nicht nur seiner Spielstärke, sondern beweist, dass er mit drei entschiedenen Partien zu den Kampfeslustigeren des Teilnehmerfeldes gehört. Zwar erspielten sich die beiden teilnehmenden Frauen im Vergleichskampf nach der gestern entschiedenen Partie für Krush ein remisträchtiges Endspiel - doch beide spielen es offensichtlich aus und das macht auch mal Spaß.
Elisabeth Pähtz unternimmt zur Zeit noch Gewinnversuche und das ist attraktiv für die Kiebitze: Das will man sehen. Aber es kommt noch besser. Durch die ergebnisse der anderen Partien ist Peter Svidler zwar auf jeden Fall zweiter. Wer aber erster wird, weiß man nicht. Denn es kommt zu einem echten Showdown zwischen Vladimir Kramnik und Peter Leko. Kramnik hat urplötzlich doch noch die Chance, die Bühne als Sieger zu verlassen, nachdem er sage und schreibe fünf Mal nacheinander remisierte!
Erst gestern gewann er durch einen fürchterlichen Fehler seines Gegners Jobava nach nur 15 Zügen seinen ersten Punkt. Und nun steht er im Endspiel gegen Peter Leko auch noch richtig gut. Allerdings dürfte das Spiel mit zwei Figuren und zwei Bauern gegen eine Figur und drei Bauern kein Leichtes werden. Selbst die witklich guten Schachspiele hier vor Ort, schätzen das als schwieriges Unterfangen ein. Wir werden sehen. Das Ende eines Turniers mit attraktiven Teilnehmern entschädigt jedenfalls in vollem Umfang für den Anfang. Dafür, meine Damen und Herren Großmeister, besten Dank - so macht Kiebitzen Spaß.
Aber es war noch mehr los heute: Dr. Helmut Pfleger - und das lässt sich nach diesem Auftritt nun wirklich nicht verheimlichen - hat heute Geburtstag und wurde auf der Bühne beglückwünscht und gar besungen. Er erhielt eine leckere Torte aus den Händer der Dolmetscherin des Turniers und eine seiner geliebten, selbstgestalteten Schachkrawatten. Mit ihm am gleichen Tag feierte übrigens auch Sofia, Peter Lekos Frau ihren Geburtstag. Obgleich nicht im gleichen Jahrgang.
Dortmunder Sparkassen Chess-Meeting 2006
Bilanz des Veranstaltungsleiters Gerd Kolbe
(Dortmund, 06. August 2006). Veranstaltungsleiter Gerd Kolbe zieht für das Sparkassen Chess-Meeting 2006 eine positive Bilanz: "Durchschnittlich mehr als 500 Besucher täglich sind ein vorzügliches Ergebnis für das Jahr 2006. Unser Plus sind eine akzeptierte Spielstätte mit dem Dortmunder Schauspielhaus, ein erlesenes Achterfeld sowie ein eingespieltes Organisationsteam im Hintergrund, das dem Niveau einer Veranstaltung von Weltrang entspricht."
"Nachdem sportlich zunächst einige Remis-Partien zuviel beklagt wurden, nahm das Turnier in der zweiten Hälfte eine furiose Fahrt auf", so Kolbe weiter. Höhepunkte seien unter anderem die Marathon-Partien in der 4. und 5. Runde gewesen.
Für das kommende Jahr will Kolbe den Festivalcharakter weiter ausbauen und die Anzahl der Teilnehmer in den offenen Turnieren verdoppeln. Kolbe: "Angestrebt wird weiter ein Turnier mit zehn Teilnehmern bei den Großmeistern. Ein solches Format hat sich insgesamt gesehen für das Sparkassen Chess-Meeting als das beste herauskristallisiert."
Kolbe schwebt weiter vor, zur 35. Auflage des Sparkassen Chess-Meetings im kommenden Jahr zwei bis vier frühere Sieger einzuladen und in einem kleinen Turnier über sechs Partien gegeneinander antreten zu lassen. Als Favorit für die Verpflichtung im kommenden Jahr sieht Kolbe den Sieger der Großmeisterturniere 1973 und 1975, Heikii Westerinen.
(Dortmunder Sparkassen Chess-Meeting. Pressemitteilung vom 06.08.2006)
Dortmunder Sparkassen Chess-Meeting 2006Runde 7 Sonntag, 06.08.
Wladimir Kramnik Sieger von Dortmund
Entscheidende Partie zwischen Kramnik und Leko wurde zum Final-Krimi
(Dortmund, 06. August 2006). Wladimir Kramnik (Russland) gewinnt das Sparkassen Chess-Meeting 2006. Mit den weißen Steinen besiegte der klassische Schach-Weltmeister heute seinen direkten Kontrahenten Peter Leko (Ungarn) nach 48 Zügen. Damit holte sich Kramnik den alles entscheidenden Punkt und zog in der Gesamtwertung an dem bisher Führenden Leko vorbei. Für den 31-jährigen Kramnik ist es der siebte Titel in Dortmund: Von 1995-1998 sowie 2000 und 2001 gewann Kramnik das Sparkassen Chess-Meeting.
Knisternde Spannung herrschte im voll besetzten Schauspielhaus während der entscheidenden Schlussrunde: In der Spitzenpartie zwischen Kramnik und Leko erlebten die Besucher einen echten Final-Krimi um den Turniersieg von Dortmund. Als die Entscheidung gefallen war, spendeten die Zuschauer den beiden Kontrahenten großen Applaus für eine packende Partie.
Peter Swidler (Russland) war zuvor in seiner Partie gegen den Engländer Michael Adams nicht über ein Remis hinausgekommen und vergab damit seine Chance auf den Turniersieg. In einer Spanischen Partie gab Swidler bereits nach 17 Zügen seine Gewinnversuche auf. Damit wurde das noch laufende Match zwischen Kramnik und Leko zu einem echten Endspiel.
Boris Gelfand (Israel) bestätigte in der Schlussrunde seine aufsteigende Form im Verlauf des Turniers. Nach 33 Zügen besiegte er den Weltranglisten-Dritten Levon Aronian (Armenien), holte sich seine zweite Gewinnpartie, und belegt mit 4,0 Punkten am Ende Rang fünf. Arkadij Naiditsch (Deutschland) erspielte sich gegen Baadur Jobava (Georgien) seinen ersten Sieg im Turnier und belegt am Ende den sechsten Platz.
Ergebnisse Schlussrunde, Sonntag, 06. August:
Boris Gelfand (Israel) Levon Aronian (Armenien) 1 0
Wladimir Kramnik (Russland) Peter Leko (Ungarn) 1 0
Arkadij Naiditsch (Deutschland) Baadur Jobava (Georgien) 1 0
Peter Swidler (Russland) Michael Adams (England) ½ - ½
Endstand nach 7 Runden:
1. Wladimir Kramnik (Russland) 4,5 Punkte
2. Peter Swidler (Russland) 4,5 P.
3. Michael Adams (England) 4,0 P.
4. Peter Leko (Ungarn) 4,0 P.
5. Boris Gelfand (Israel) 4,0 P.
6. Arkadij Naiditsch (Deutschland) 3,5 P.
7. Levon Aronian (Armenien) 2,0 P.
8. Baadur Jobava (Georgien) 1,5 P.
Bei Punktgleichheit entscheidet die Feinwertung (Sonneborn-Berger-System) über die Platzierung.
Notationen Runde 7 , 06.08.2006
Kramnik Leko
1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nc3 Bb4 4. Qc2 O-O 5. a3 Bxc3+ 6. Qxc3 b6 7. Bg5 Bb7 8. f3 h6 9. Bh4 d5 10. e3 Nbd7 11. cxd5 Nxd5 12. Bxd8 Nxc3 13. Bh4 Nd5 14. Bf2 c5 15. e4 Ne7 16. Ne2 Rac8 17. Nc3 cxd4 18. Bxd4 Nc5 19. Rd1 Rfd8 20. Be3 Rxd1+ 21. Kxd1 e5 22. b4 Ne6 23. Kc2 Nc6 24. Kb2 Kf8 25. Bc4 Ncd4 26. Bxe6 Nxe6 27. Nb5 Ra8 28. a4 Ba6 29. Na3 Rc8 30. b5 Bb7 31. Rc1 Rxc1 32. Kxc1 Ke7 33. a5 bxa5 34. Bxa7 f5 35. exf5 Nf4 36. g3 Nh3 37. Nc4 Ng5 38. Nxa5 Bd5 39. b6 Nxf3 40. h3 Ng5 41. b7 Bxb7 42. Nxb7 Nxh3 43. Bb6 Kd7 44. Be3 Ke7 45. Nc5 g6 46. fxg6 Kf6 47. Bxh6 Kxg6 48. Be3 1-0
Swidler Adams
1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. Re1 b5 7. Bb3 O-O 8. a4 b4 9. d4 d6 10. dxe5 dxe5 11. Qxd8 Rxd8 12. Bg5 Rb8 13. Nbd2 h6 14. Bxf6 Bxf6 15. Bd5 Na5 16. Rad1 Rb6 17. Nb3 1/2-1/2
Gelfand Aronian
1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 b6 4. g3 Ba6 5. Qc2 Bb7 6. Bg2 c5 7. d5 exd5 8. cxd5 Bxd5 9. Nc3 Bc6 10. e4 Be7 11. Bf4 O-O 12. O-O-O Na6 13. Qe2 Nb4 14. a3 Qc8 15. Kb1 a5 16. Ne5 Re8 17. Rhe1 Bf8 18. g4 g6 19. Bg3 Re6 20. f4 d6 21. Nxc6 Nxc6 22. Nb5 Ne8 23. e5 dxe5 24. Bd5 a4 25. fxe5 Ng7 26. Qf3 Rb8 27. Nd6 Bxd6 28. exd6 Nd4 29. Rxd4 Rxe1+ 30. Bxe1 cxd4 31. Qxf7+ Kh8 32. d7 Qc5 33. Bb4 1-0
Naiditsch Jobava
1. e4 c6 2. d4 d5 3. Nc3 dxe4 4. Nxe4 Bf5 5. Ng3 Bg6 6. h4 h6 7. Nf3 Nd7 8. h5 Bh7 9. Bd3 Bxd3 10. Qxd3 e6 11. Bd2 Ngf6 12. O-O-O Be7 13. Qe2 O-O 14. Rhe1 Qb6 15. Ne5 Rfe8 16. Nc4 Qa6 17. Na5 b5 18. Kb1 c5 19. dxc5 Nxc5 20. Nb3 Nxb3 21. axb3 Qb6 22. Bc3 a5 23. Ne4 Nxe4 24. Qxe4 a4 25. Rd7 Qa6 26. Qg4 Bg5 27. bxa4 bxa4 28. f4 Qb5 29. Rd3 a3 30. fxg5 axb2 31. Bxb2 Ra4 32. Qe2 Qxg5 33. Qe5 Ra5 34. Qxg5 Rxg5 35. Red1 Rxg2 36. Rd8 Rxd8 37. Rxd8+ Kh7 38. c4 Rg5 39. Bd4 e5 40. Bf2 1-0
Finale in Dortmund - Besser geht´s nicht