Die Chess Classic präsentieren immer absoluten Spitzensport. Die Veranstaltung spricht aber auch mit vielen Maßnahmen den Breitensport an. Können Sie sagen, inwiefern die Massen von diesem Event profitieren?
Der große Anreiz für die Spitzenspieler besteht in der Möglichkeit, sich über die beiden Open für die Schnellschachweltmeisterschaft qualifizieren zu können. Die vielen anderen spielen mit, um vielleicht einmal auf einen Weltklassespieler zu treffen. Und bei einem Feld von fast hundert Großmeistern steht die Chance nicht schlecht. Außerdem profitieren bessere Spieler von unseren Vergünstigungen. Selbst FIDE-Meister bekommen einen Startgeldrabatt, was anderswo selten ist. Und für die Amateure ist das Turnier attraktiv, weil es stattliche Ratingpreise gibt. Man spielt sozusagen noch ein zweites Turnier in seiner Spielstärkenklasse.
Der große Zuspruch ist aber auch ein Resultat unserer perfekten Organisation, die auch bei über 600 Teilnehmern ihren Ausdruck findet. Viele Besucher sind zufrieden mit der schnellen Auslosung, dem pünktlichen Beginn und den hervorragenden Spielbedingungen.
Welche Spitzenspieler werden kommen?
Der Schnitt unserer Top8-Spieler reicht voraussichtlich diesmal an den Eloschnitt der WM in Mexiko heran. Das liegt vor allem an Ivanchuk, der die WM nicht mitspielt, mittlerweile aber durch seine grandiosen Resultate der letzten Monate auf Platz Vier der Weltrangliste geklettert ist. Neben Anand, Aronian, Bacrot und Kasimdschanow spielen im Open Mamedyarov, Radjabov, Shirov, Grischuk, Kamsky, Akopian, Almasi, Volokitin, Karjakin, Sasikiran, Landa, Sargissian, Harikrishna, Navara, Gashimov, Naiditsch. Zudem der junge indische Nachwuchsstar und jüngste Großmeister der Welt, Parimarjan Negi. Bei den Frauen sind es Cmylite, Gaponenko, Pähtz und Natalie Zhukova.
Sie haben für das Simultan ein gutes Händchen bewiesen, denn mit Vassily Ivanchuk spielt der erfolgreichste Akteur der letzten Monate. Es hat sich eingebürgert, dass die Großmeister an 40 Brettern spielen müssen. Beschweren sich die Spieler darüber nicht?
Über die Anzahl der Bretter wird unter den Großmeistern nicht mehr gesprochen. Jeder, der bei uns Simultan spielt, weiß, an wie vielen Brettern er spielen muss. Und fast jeder kennt die Resultate seiner Vorgänger. Im Übrigen hat noch nicht einmal Kasparow gefragt, gegen wieviele Spieler er antreten muss. In diesem Zusammenhang gibt es eine lustige Geschichte: Als Kasparow vor einigen Jahren Simultan spielte, fragte mich Ivanchuk, ob er mir meinen Startplatz gegen Garry abkaufen könne. Er wollte immer so gerne gegen Kasparow spielen, egal auf welche Weise. Aber ich habe abgelehnt (lacht).
Wer hat denn das beste Ergebnis vorzuweisen?
Das beste Resultat im Simultan spielte Anand, der nur vier Remis abgab. Danach folgt Kasparow mit fünf Remisen. Darüber hat sich Garry fürchterlich geärgert.
Warum wird bei den Chess Classic an so vielen Brettern gespielt? Üblich sind doch 20.
Die Chess Classic entstanden eigentlich aus einer Initiative, die ich anlässlich des 70 jährigen Jubiläums von Frankfurt-West 1994 unternommen hatte. Ich konnte Anand zu einem Simultan verpflichten. Doch dann meldeten sich innerhalb kurzer Zeit 150 Leute an, obwohl wir ein Startgeld von 50 DM verlangten. Deshalb wollte ich Anand zu drei Simultans an einem Wochenende überreden, für zwei sagte er zu. Als die Verhandlungen zu Ende waren, fragte er, an wie vielen Brettern er eigentlich spielen müsse. Ich sagte zuerst 50, doch wir einigten uns schließlich auf 40. Und dabei blieb es bis heute.
Um die Plätze zu vergeben, haben Sie sich auch diesmal wieder etwas Besonderes einfallen lassen
Die Plätze werden so vergeben, dass jeder eine Chance bekommt. Ich habe mich früher geärgert, dass ich keine Möglichkeit hatte, gegen Kasparow zu spielen, weil der Andrang zu groß war. Deshalb versteigern wir seit einiger Zeit 15 - 20 Plätze über Ebay, sodass jemand für Geld sicher einen Platz kaufen kann. Das ist auch als Geschenkidee sehr brauchbar. Die anderen Plätze fallen an Dauerkunden. Einige haben bis 2015 gebucht, die wollen jedes Simultan mitspielen. Schließlich brauche ich noch einige Plätze für Jugendliche, eigene verdiente Mitarbeiter und Sponsoren.
Für die Veranstaltung 2007 steht die Jugend mehr im Mittelpunkt als sonst. Was tun Sie zur Nachwuchsbildung?
Die Gründung der Chess Tigers 1999 hatte die Grundidee, in absehbarer Zukunft einen Weltmeister zu produzieren. Aber das hat nicht funktioniert, da es überhaupt keine Talente gab. Man muss zunächst die Basis dafür schaffen. Aus diesem Antrieb heraus ist auch die Schach-Universität der Chess Tigers entstanden. Die Hauptidee war Lernen & Spielen. Das ist auch das Motto dieses Jahr. Wer trainiert, kann gut spielen. Bei unseren diesjährigen neu eingeführten Mini-Opens werden die Jugendlichen von der ehemaligen Nr.3 der Welt, Artur Jussupow, und von Großmeister Daniel King betreut. Ihre Aufgabe ist es auch, Talente zu sichten, die später von uns systematisch gefördert werden sollen.
Wo gibt es das schon. Jeder Schüler bekommt individuell seine Erklärungen. Die U14-Jährigen können spielen wie die Profis. Das ist einmalig. Die Knirpse sollen selbst erfahren, dass es ein elektrifizierendes Gefühl ist, auf der Bühne zu spielen.
Die erfolgreichen Jugendspieler Deutschlands bekommen bei den Chess Classic immer einen Freiplatz fürs Open. Durch unser letztjähriges Regio111-Programm haben wir zudem die besten Jugendlichen im Umkreis von 111 km unentgeltlich mitspielen lassen.
Wie kann Deutschland wieder einen Weltmeister bekommen?
Erst wenn der Wald ziemlich viele hohe Bäume hat, kann es auch einen geben, der noch höher ist. Wir wollen flächendeckend fördern, mit dem Ziel, eine breite Basis zu schaffen. Ich glaube fest daran, dass wir einen deutschen Weltmeister in absehbarer Zeit hervorbringen können. Für uns wäre es als Turnierveranstalter einfacher, wenn wir ein Aushängeschild wie Magnus Carlsen hätten. Vielleicht sollte man es machen, wie die Engländer in den siebziger Jahren, die einen hohen Preis für den ersten britischen Großmeister aussetzten. Wir sollten ebenfalls einen Sponsor finden, der einen stattlichen Geldpreis für den erster Deutschen aussetzt, der die 2700er Marke durchbricht.
Eines Ihrer größten Anliegen ist seit einigen Jahren die Förderung des Chess960. Sie hatten die Hoffnung, dass sich diese Schachart fest etabliert. Wie ist der Stand der Dinge, seit erstmals vor sechs Jahren das große Chess960-Open im Rahmen der Chess Classic stattfand?
Eingedenk dessen, dass es das Normalschach schon seit Jahrhunderten gibt, haben wir in einem sehr kurzen Zeitraum für das Chess960 einiges bewirkt. Spaßeshalber habe ich einmal gesagt, Chess960 ist das Schach, das man in 500 Jahren nur noch spielt es geht wahrscheinlich alles viel schneller. Mit der zunehmenden Eröffnungsanalyse durch leistungsstarke Computer und dem damit einhergehenden Ersticken jeglicher Kreativität wird Chess960 immer mehr an Boden gewinnen.
Mit dieser Spielart können wir auch die Wenigzeitinhaber erreichen, die sich nicht so sehr mit Eröffnungsvorbereitung beschäftigen können. Diese Leute, die im Arbeitsleben tätig sind, wollte ich damit am Schach halten bzw. wieder zurückgewinnen.
Die Verbreitung von Chess960 geht noch relativ langsam voran. Es gibt noch zu wenig Turniere. Heute kommt nicht mehr der härteste Widerstand von den Profis. Die besten Spieler der Welt nehmen mittlerweile an unserem Open teil. Kamsky fragte kürzlich bei mir an, warum es in den USA keine Chess960-Turniere gibt. Er würde das jedes Wochenende spielen. Interesse ist also vorhanden.
Seit einigen Monaten gibt es eine Zusammenarbeit mit dem größten Internetserver ICC.
Früher konnte man auf ICC nur Fischer-Random-Schach spielen. Ich denke aber, dass der synthetische Name Chess960 beschwerdefreier ist. Denn Fischer ist ein schlechtes Label, weil man seine antisemitischen Äußerungen damit assoziiert und Random ist ebenfalls ein ganz schlechter Begriff im Englischen. Gemeinsam mit dem ICC wollten wir Chess960 außerhalb des deutschen Sprachraumes populärer machen. Wir vereinbarten, dass der ICC den Namen auf Chess960 ändert und ein Turnier ausspielt. Die Resonanz war riesig. 1586 Leute haben mitgespielt. Der Sieger gewann 600$, den Flug nach Frankfurt und darf nun eine Woche an den Chess Classic bei freier Kost und Logis teilnehmen. Er kommt aus Armenien und hat einen sehr klangvollen Namen: Tigran L. Petrosian!
Was muss denn passieren, damit sich Chess960 flächendeckend etabliert?
Fünf bis sechs Millionen Euro von einem großen Unternehmen würden reichen, um diese Spielart weltweit durchzusetzen. Man etabliert Länderverbände, erstellt eine Weltrangliste, führt Stundenevents, große Turniere und Weltmeisterschaften durch.
Dieses Jahr wird mit Anand erstmals die Weltranglisten-Nr.1 Chess960 spielen
und das wird Signalwirkung haben. Wenn Anand zeigt, dass er sich nicht zu schade ist, Chess960 zu spielen, werden auch die letzten vorhandenen Widerstände bei Amateuren fallen.
Welche Funktion haben Computerwettkämpfe innerhalb der Chess Classic?
In der Vergangenheit waren vor allem die Matchs zwischen dem Programm Fritz und Anand für die Chess Classic ein Katalysator gewesen, den Event hochzupushen. Was 1996 begann, führte schließlich zum Großsponsor Siemens. In diesem Zusammenhang ist es erstaunlich, dass Anand, der Fritz so populär gemacht hat, von Chessbase nie ein gut dotiertes Computermatch bekommen hat.
Davon abgesehen sind die Schachprogramme ein wichtiger Aspekt für die Verbreitung von Chess960. Nicht zuletzt dank unseres Turniers können mittlerweile fast alle Programme Chess960 spielen. In diesem Jahr werden Rybka, Shredder, Jonny und Spike unter den gleichen Bedingungen wie die menschlichen Spieler ihren Weltmeister im Chess960 ausspielen. Damit hat die ganze Veranstaltung eine Stringenz.
Die Chess Classic zeichneten sich in den vergangenen Jahren durch die hervorragende mediale Präsentation aus. Was erwartet die Zuschauer dieses Mal?
Die Technik wird noch einmal deutlich besser werden. Mit den technischen Voraussetzungen und der Kompetenz der Mannschaft werden wir die Zuschauer ideal bedienen können. Wir setzen diesmal noch mehr Monitore ein, um die aktuellen Partien zu übertragen. Im Foyer werden wir auf den Screens die Bewertungsanzeige eines Schachprogrammes mitlaufen lassen, damit auch der Laie sofort sieht, wie es steht. Vier Großmeister - Jussupow, King, Döttling und Bischoff - werden die Partien kommentieren, zwei im traditionellen Silent Auditorium der Rheingoldhalle, einer im Foyer beim Public Viewing und einer im Gourmet Club. Wir wollen den Event als Erlebnis `rüberbringen. Im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen steht bei uns nicht nur allein der Spieler sondern auch der Kunde, also der Zuschauer im Mittelpunkt. Weil unser Konzept so gut funktioniert, haben sich diesmal mehrere Turnierveranstalter angemeldet, um zu sehen, was wir tun.
Was halten Sie von der kürzlich in Dortmund eingeführten Reglung, die Partien mit einer viertelstündigen Verspätung zu übertragen, um Betrugsmöglichkeiten zu erschweren?
Im Schnellschach ist Betrug nicht möglich. Die Übertragungen des Dortmunder Sparkassen Chessmeetings waren nicht mehr live. Man wollte zwar dem betrügenden Spieler und dessen Helfer entgegenwirken, bestraft hat man aber nicht die potentiellen Betrüger, sondern wieder einmal den Live-Zuschauer. Selbst im Presseraum wusste man nicht, wann eine Partie zu Ende war. Solche Maßnahmen halte ich medientechnisch für blanken Unsinn, eine dramaturgische Fehlleistung der Veranstalter. Aber der Versuch war dennoch wichtig: Live ist live und nicht live plus eine viertel oder halbe Stunde.
Sie achten auch auf Familienfreundlichkeit.
Ja, unsere Veranstaltung ist auch ein Familienevent. In unserem Kinder Club kann man die Kinder abgeben. Wir haben zwei Erzieherinnen im Team, die sich um die Kleinen kümmern. Dort können sie Fritz & Fertig spielen, Türme bauen, Tiger malen, puzzeln, sich verkleiden oder einfach nur ausruhen. Und die Partner, die mitkommen und nicht so viel mit Schach zu tun haben, sollen in kurzer Zeit verstehen, um was es geht. Diese Nichtspieler wollen wir auch erreichen.
Könnte dazu auch die zeitgleich stattfindende Ausstellung des kürzlich verstorbenen Künstlers Immendorf dienen?
Das ist ein Vorteil der neu ausgebauten Rheingoldhalle. Es können dort nun neben unserer Veranstaltung noch andere Aktivitäten stattfinden. Von der Immendorf-Ausstellung erhoffen wir uns natürlich eine positive Rückwirkung. Neben dem Schach kann man jetzt auch Kunst erleben, was auch eine zusätzliche Möglichkeit für den nichtschachspielenden Partner bedeutet. Unsere Besucher erhalten auch ermäßigte Eintrittspreise für die Immendorf-Ausstellung. Das ist ganz im Sinne unseres Mottos Gemeinsam erleben.
Welche Bedeutung haben die Stadt Mainz und Oberbürgermeister Jens Beutel für die Chess Classic?
Neben Vishy Anand und mir ist Jens Beutel die dritte wichtige Person für den Event. Er war dafür verantwortlich, dass die Veranstaltung nicht mehr in Frankfurt sondern in Mainz stattfindet. Jens Beutel kann hervorragend für Schach argumentieren, weil er selbst ein starker Schachspieler ist und das aktuelle Schachgeschehen verfolgt. Er hat enorm für den Event gekämpft - und tut es jedes Jahr wieder.
Auch für die Sponsoren gibt es hervorragende Rahmenbedingungen. Welche Annehmlichkeiten werden ihnen geboten?
Zunächst gibt es den Kick Off mit dem Championsdinner, an dem alle Spitzenspieler teilnehmen. Dort begegnen die Sponsoren ungezwungen anderen Geschäftspartnern oder politisch einflussreichen Personen. Sie sitzen in der Nähe des OBs, erleben einen schön gestalteten Abend und ein gutes Essen. Ich denke, das ist ein attraktives Angebot.
Nun haben wir seit letztem Jahr unsere Palette noch mit dem Gourmet Club erweitert. Dort können sich Sponsoren spontan ab 18:00 mit ihren Gästen in angenehmer Umgebung treffen und sich die Partien von renommierten Großmeistern bei einem guten Glas Wein und kulinarischen Spezialitäten erklären lassen.
Mit dem Sponsor GrenkeLeasing arbeiten Sie auch in anderer Hinsicht eng zusammen. Sie sind der Bundesligamannschaft aus Baden-Baden sehr verbunden.
Ich habe sicher ein bisschen dazu beigetragen, dass Vishy Anand, mit dem ich befreundet bin, dort spielt. Und der Badener Mannschaftsführer ist Sven Noppes, der ja kürzlich zu meinem Stellvertreter bei den Chess Tigers gewählt wurde.
Die oberste deutsche Spielklasse hat sich kürzlich als Bundesliga e.V. neu organisiert. Welche Impulse erwarten Sie von der damit einhergehenden größeren Selbstständigkeit?
Leider klappt es mit den kollektiven Live-Übertragungen aller Bundesligapartien bislang noch nicht. In Baden werden die Heimspiele dagegen sehr professionell im Internet dargestellt. Nun wird sich mit Gründung der Bundesliga e.V. vielleicht etwas ändern. Ich halte die Bundesliga für ein Top-Produkt. Aber top ist sie nur in Händen eines Top-Managers. Und das kann nicht jeder Vereinsfürst sein. Jeder Verein muss die Partien live übertragen. Wenn man bedenkt, wie viele Nationen in der obersten Spielklasse agieren, wundert man sich, dass nicht auch in anderen Ländern ein größeres Interesse dafür zu wecken ist.
Der Porzer Mäzen Hilgert wollte diesen Weg nicht mehr mitgehen. Wie beurteilen Sie seinen Schritt, Porz aus der 1. Liga zurückzuziehen?
Wilfried Hilgerts Verdienste sind unbestritten. Allerdings hat sich bei ihm mittlerweile ein gewisses Trauma eingestellt: Einer gegen alle. Er hat viel für die Bundesliga geleistet, er hat sich aber auch viel mit der Bundesliga geleistet. Ich mag charismatische Figuren wie ihn, aber mit seiner jetzigen Entscheidung liegt er meines Erachtens völlig daneben. Er soll nächstes Jahr wieder an Bord kommen und keiner wird ihm gram sein. Baden-Baden braucht viele sehr gute Konkurrenten. (lacht)
Wie sieht die Zusammenarbeit mit Baden aus?
Wir als Chess Tigers haben mit Deizisau und Baden eine Süd-West Achse geschaffen. Wir überlegen seit einiger Zeit, ob wir in unserem Portfolio nicht noch ein klassisches Turnier brauchen. Das würde sehr gut nach Baden passen, das eine lange Tradition hat. Auch über einen hochkarätigen live übertragenen Blitzevent denken wir nach. Das wäre eine Veranstaltung für den Frankfurter Flughafen oder für die Frankfurter City.
Als Organisator kooperieren Sie auch eng mit anderen Turnieren, insbesondere mit Wijk aan Zee. Welche Verbindungen haben Sie zu dem holländischen Traditionsturnier?
1993 war ich das erste Mal in Wijk aan Zee und bin seither von diesem natürlichen Flair gefangen, ja sogar begeistert. An diesem Festival habe ich mich später orientiert. Die Mischung zwischen absolutem Spitzenschach und Amateurschach ist großartig. Und alle spielen in einem Saal. Mittlerweile pflege ich ein freundschaftliches Verhältnis zu den Veranstaltern. Wir besuchen uns gegenseitig und schließen mit den Spielern die Verträge für unser kommendes Turnier ab.
Im Mai hat der DSB mit Robert von Weizsäcker einen neuen Präsidenten gewählt. Was erwarten Sie von ihm?
Der Deutsche Schachbund hat nun mit Robert von Weizsäcker an der Spitze einen Hoffnungsträger mit einem klangvollen Namen und sehr viel Wirtschaftswissen. Aber er hat es mit ineffektiven Strukturen zu tun. Es hat mir gut gefallen, wie er in den ersten Monaten sein Amt in Angriff genommen hat. Er ist ein Stratege und er will etwas bewirken. Aber ich bin mir noch nicht sicher, ob die ihn umgebenden Leute eine harte, kundenorientierte Gangart mitgehen können und wollen. Er hat wohl schon einige Missstände erkannt, wie etwa das Bild des DSB auf die Öffentlichkeit oder den Schach-Shop.
Im nächsten Jahr wird in Dresden die Schacholympiade stattfinden. Es sah einen Moment lang so aus, als ob die Veranstaltung scheitern könnte, weil die Verantwortlichen bislang keine gute Arbeit gemacht hatten. Es fehlen Millionen-Beträge. Was denken Sie darüber?
Ich würde auch keinen Sponsor suchen, wenn ich die Zusicherung hätte, dass ich 4,2 Millionen als Ausfallgarantie bekomme. Ich würde nur Geld für die Sidelines suchen.
Aber Spaß beiseite: Ich fand es gut, dass von Weizsäcker zur Vorbereitung der Schacholympiade klar Stellung bezogen hat, denn der Status quo ist dramatisch. Ich habe zwar noch Hoffnung, dass man diese Veranstaltung gut hinbekommen kann. Erstklassig kann sie aber nicht mehr werden. Gewisse Prozesse brauchen einfach eine gewisse Zeit, die jetzt schon fehlt. Weizsäcker müsste persönlich mit dem passionierten Schachspieler Per Finanzminister- Steinbrück im Schlepptau, die möglichen großen Sponsoren in den nächsten zwei Monate abklappern und wenigsten einen weißen Elefanten erlegen.
Die jährlich stattfindenden Ereignisse wie etablierte Turniere oder auch die Bundesliga sind sehr wichtig für das deutsche Schach. Die Schacholympiade ist für ein Land eine einmalige Veranstaltung, die nicht mehr die Wirkung entfalten kann, die sie früher hatte, als es kaum Turniere gab. Bei solchen Großveranstaltungen geht es einzig darum, ob sie gut gelingen oder nicht. Die Europameisterschaft, von den Veranstaltern selbst als Generalprobe bezeichnet, war in vielen Teilen außerordentlich schwach. Die nichtschachlichen Elemente waren noch passabel, aber die schachlich-technischen Teile waren unterirdisch organisiert. Am schlimmsten wirkte auf mich, dass die internationalen Anforderungen bei Weitem nicht erfüllt werden konnten und den Dresdner Veranstaltern offensichtlich ein Projektleiter mit Weltklasseschach-Eventerfahrung fehlt.
Danke für das Gespräch.