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Internetpresse Zug um Zug: Schach – Gesellschaft – Politik
Internetpresse

07.11.2006
                            
Eine Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte

Fast achthundert Jahre Schachgeschichte des weitaus älteren Spiels sind in einem Seitenteil des Museums unter Federführung von Dr. Helene Thiesen mitsamt einem rührigen wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiterstab eindrucksvoll dokumentiert und bis zum 11. Februar 2007 zu besichtigen.

Wer sich aus anderen Gründen in das Gebäude begibt, kommt daran kaum vorbei, zumal der Eintritt kostenlos ist. Auf nicht allzu üppigem, aber konzentriert und gekonnt bestücktem Raum präsentiert sich in ca. 400 Exponaten das königliche Spiel im Wandel der Zeiten und als deren Spiegelbild.

Es beginnt mit den ersten, umfangreichen, vom Orient beeinflussten europäischen Zeugnissen über die Kolumbus-Zeit, in der sich neue Maß- und Zeiteinheiten entwickeln, die in der bis heute gültigen Regelreform des Spiels ihren Niederschlag finden. Über Humanismus und Aufklärung, das legendäre Café de la Régence in Paris, in dem sich der Übergang von der Adelsgesellschaft zum Bürgertum lautlos und friedfertig vollzog, das erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts sportliche und patriotische Akzente setzte, die dann Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst von gesellschaftspolitischen Richtungskämpfen (Die Arbeiter-Schachzeitung von 1909-14) überschattet wurden, setzt sich die Ausstellung fort.




Im Nationalsozialismus von kriegslüsterner und rassistischer Aggressivität pervertiert und nach dem 2. Weltkrieg anders, aber ebenfalls ideologisch als "Wettkampf der Systeme" im Zweikampf Fischer – Spassky, erfuhr das Schachspiel eine nie zuvor gekannte, mediale Präsenz erfuhren. Dementsprechend ist die Ausstellung gegliedert: Weltbilder des Schachspiels – Schach im Zeichen des Angriffs – Schach unter Verfolgten – Schach in Kriegsgefangenschaft – Schach unter dem Vorzeichen des Kalten Krieges – Imagefaktor Schach – Schach und Künstliche Intelligenz.
Diese summarische Übersicht kann nicht ersetzen, was den eigentlichen Reiz der Ausstellung und einen Besuch unverzichtbar macht: Der ästhetische Glanz der Exponate vor allem im ersten Teil, der informative Wert im umfangreicheren zweiten.



Gleich am Eingang taucht man tief hinab in den "Brunnen der Vergangenheit". Was man sich aus der Literatur, Lexika und anderen Hilfsmitteln mühsam angelesen, aber nie oder nur sehr selten zu Gesicht bekommen hat, liegt in seiner ganzen Herrlichkeit, entweder als Faksimile oder Original, in Vitrinen und Schaukästen vor einem, zum Greifen nah. Eine aufgeschlagene Seite im Buch des Dominikanermönchs Jacobus de Cessoli aus dem Codex Palatinus 961, darin er für die Erklärung der Pflichten und Rechte einer ständisch gegliederten Gesellschaft Schach als didaktisches Grundbeispiel heranzieht (1275). Unmittelbar daneben eine Illustration aus dem umfangreichen Schachkapitel des berühmten "Buch der Spiele" des noch berühmteren Autors Alfons X, dem Weisen, dem gelehrtesten, in allen Wissenschaften beschlagenen Herrscher seiner Zeit. Diese wie eine weitere Abbildung aus der Manesseschen Handschrift, die den Markgrafen Otto von Brandenburg schachspielend zeigt, verweisen auf den nicht unumstrittenen, zum Teile verfemten, insgesamt jedoch hohen Stellenwert des Schachs: Es adelt diejenigen, die es spielen, und von der Kunst der Könige fällt ein Glanz auf das Spiel zurück. Weitere Seiten aus den genannten und anderen Werken in illuminierten Hinterglasbildern an den Wänden entfalten in betörender Leuchtkraft ihre Miniatur-Zaubereien. So geht man gebannt von Schatz zu Schatz: einem als Schachbrett minutiös gearbeiteten Buchdeckel eines liturgischen Buchs aus dem 14. Jahrhundert oder einer Darstellung aus dem spätmittelalterlichen Minneroman "Le Livre des Echecs amoureux", wo in 64 Feldern vorwiegend höfische Tugenden eingezeichnet sind. Das erinnert daran, dass Schach als Weltabbild nicht nur zu kosmologischer, ständischer und theologischer Deutung einlud, sondern das dem "zabelspil" (lat. tabula) eingeschriebene Kriegs- und Kampfmotiv auch für ritterliche Aventüreszenen, allegorische Darstellungen des Liebesspiels (Venus besiegt Mars) und bildliche Darstellungen des Kampfs um die Seele mit dem Teufel, um das Leben mit dem Tod, reichlich Anlass bot.



Nach der Gutenberg-Erfindung verblasst die optische Pracht, nicht aber die schachhistorische Bedeutung der gezeigten Werke. Das Versepos "Scacchia Ludus" von Marcus Hieronymus Vida, erstmals 1527 erschienen – ein Klassiker - ,liegt in einer Ausgabe des 18. Jahrhunderts vor, das erste deutschsprachige Buch des Herzogs von Braunschweig, unter dem Pseudonym Selenus 1616 erschienen, im Original, ebenso wie Philidors bahnbrechende Arbeit "L'Analyse des Echecs" aus dem Jahre 1749.
Diese frühen Belege für Sach- und Fachbücher und der weitere Rundgang bestätigen eine Tendenz, die unverkennbar und anschaulich nachzuvollziehen ist: Immer mehr sachliche Nüchternheit und wissenschaftlicher Anspruch erfassen auch das Schachspiel. Die ästhetische Faszination verlagert sich auf das Spielmaterial, das in einigen kostbaren Beispielen vorgestellt wird. Figurensätze wie das Schachspiel aus dem "Pommerschen Kunstschrank" (17. Jahrhundert) oder das bekannte (anachronistische) Eisengussspiel "Napoleon – Friedrich der Große" oder das "Revolutionsschach" aus der Leningrader Porzellanmanufaktur, "Rote gegen Weiße" – ein übliches Gastgeschenk der Sowjetunion an ausländische Diplomaten –  sind entzückende, im Gedächtnis bleibende Zeugnisse. Auch hier gibt es allerdings (ähnlich wie beim Buchdruck) eine Zäsur, deren historische Belege die Ausstellung nicht vorenthält: die historischen Staunton-Figuren, die im Grunde bis heute den Materialstandard bestimmen.




In erschütterndem Kontrast zu deren Zweckdienlichkeit und der Opulenz früherer Erzeugnisse stehen in der Sektion "Schach unter Verfolgten" und "Schach in Kriegsgefangenschaft" die Objekte, die in Gefangenen- und KZ-Lagern angefertigt wurden. Auf sie ist in der Literatur vielfach hingewiesen worden, aber die unmittelbare Anschauung macht einen sprachlos und rührt an: Spielsätze aus Brotkrümeln und Zeitungspapier, aus jedwedem Material, dessen man habhaft werden konnte, auf Essnäpfe eingravierte Schachbretter. Sie stehen an Erfindungsgabe und handwerklichem Geschick ihren Vorgängern in nichts nach. Und das in finsterster Zeit.





Einen weniger finsteren, jedoch dramatischen Höhepunkt stellt im vorletzten Raum das Match Fischer – Spassky 1972 in Reykjavik dar. In ihm ist der Spieltisch plus Spielmaterial mitsamt Partieformularen der vielgerühmten 13. Partie und Großwandfotos Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Mittels Bildschirm und Kopfhörer kann man sich über Einzelheiten, wie an anderen Stellen der Exposition auch, kundig machen.



Danach folgt am Ausgang die letzte Abteilung "Mensch und Künstliche Intelligenz". Die lebensgroße Nachbildung des Schachtürken, den 1770 Wolfgang von Kempelen im Auftrag von Kaiserin Maria Theresia anfertigte und der lange Zeit für Furore sorgte, ist ein dominierender Blickfang. Dort ist aber auch ein Bild des Kasseler Designers Bernd Besser zu entdecken – ein Menschenhaupt mit implantiertem Computer – ein Werk, das vom Haus der Geschichte erworben wurde und den Rang des Künstlers, dessen Arbeiten die Simultantournee Dresden 2008 drei Jahre lang begleiten, in gebührendes Licht rückt. Zugleich kann es als sachdienlicher Hinweis auf den unmittelbar bevorstehenden Zweikampf "Mensch – Maschine" verstanden werden, der vom 25. 11. bis 5. 12. 2006 an gleicher Stelle stattfinden wird. In ihm wird sich Weltmeister Kramnik gegen Deep Fritz zu bewähren haben. Wahrscheinlich eins der letzten Duelle auf gleicher Augenhöhe. In 10 Jahren wird das Thema vom Tisch sein und ebenfalls ins Museum wandern, vielleicht sogar in das Bonner Haus der Geschichte.




Axel Dohms
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Veröffentlicht von Klaus-Jörg Lais



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