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Internetpresse Das Patt ist wie ein Matt
Internetpresse

20.09.2005
Hanno Dürr, vormals Präsident des württembergischen Schachverbandes und nun Referent für Ausbildung beim deutschen Schachbund, hat uns auf einen interessanten Artikel der Stuttgarter Zeitung aufmerksam gemacht: Das Patt ist wie ein Matt - mit "kleinen Verbiegungen", wie Hanno Dürr verschmitzt hinzu fügt...

Das Patt ist wie ein Matt - von Tim Schleider. Erschienen in der Stuttgarter Zeitung online am 20.9.05 unter der URL: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/993968

 Eine Schachpartie endet mit einem Matt, einem Remis oder einem Patt. Das Patt ist von diesen drei Möglichkeiten die undankbarste. Warum? Nun, beim Matt schlägt eine weiße Spielfigur eine schwarze Spielfigur namens König (oder umgekehrt, Schwarz schlägt Weiß), indem sie selbst den Regeln gemäß übers Spielfeld bewegt wird und dessen Platz besetzt. Das Spiel ist damit klar gewonnen (beziehungsweise verloren). Beim Remis kommen die Spieler dagegen nach längerer Zeit des Bedenkens zum übereinstimmenden Urteil, im Lauf der Partie mit all ihren Verlusten beide so schwach geworden zu sein, dass keinem mehr ein Sieg über den anderen möglich ist. Das Spiel endet damit zwar unentschieden, dies aber eindeutig und durch einen Akt der Vernunft. Das ist vielleicht etwas langweilig, aber ehrenvoll.
Nun gilt auch das Patt beim Schach offiziell als ein Unentschieden. Aber es ist ein Unentschieden minderer Güte. Es entsteht dann, wenn ein König auf dem Feld, auf dem er gerade steht, zwar ungefährdet ist, jeder Spielzug auf ein anderes Feld ihn aber ins Matt führen würde. Mit anderen Worten: was der Spieler auch tut, es ist sein Untergang. Eine solche Konstellation verurteilt mithin zur Bewegungslosigkeit. Da auch das Schachspiel letztlich von Bewegung lebt, gilt die Partie damit als beendet. So recht zufrieden kann aber keiner sein, schon gar nicht der Gegner des isolierten Königs. Denn es ist ihm zwar gelungen, besagte Figur zur Bewegungslosigkeit zu verdammen, doch zum entscheidenden Schlag kam er nicht. Das riecht stark nach Versagen. Man versucht deshalb möglichst, solche uneindeutigen Ergebnisse zu vermeiden. Im Spiel. Wie anderswo.

Seit Sonntag, so heißt es in vielen Analysen, herrscht auch in der deutschen Politik ein Patt. Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb haben im Streit um das Kanzleramt spielentscheidende Vorteile errungen. Die Wähler haben sich für ein Unentschieden entschieden. Noch weiß keiner, wie der nächste Zug aussehen könnte. Das Spiel hängt vorerst in der Luft. Die Unzufriedenheit darüber ist groß. Die Angst vor der Bewegungslosigkeit greift um sich. Nein, dieses Patt scheint niemand gewollt zu haben. Selbst viele von jenen, die sich nach längerer Zeit des Schwankens persönlich doch noch gegen den Wechsel zu Schwarz-Gelb entschieden und nochmals Rot oder Grün gewählt haben, sind nun über das erreichte Patt, das doch auch mit ihrer Hilfe eintrat, erschrocken. Sie meinen, dann wäre selbst der von ihnen gefürchtete Wechsel immer noch besser gewesen als der nun zu befürchtende Stillstand.

Diese urwüchsige Angst vor dem Stillstand ist natürlich unserem linearen Denken geschuldet. Anderswo auf der Welt wäre die Stimmung womöglich ganz anders. Es gibt Kulturen, die sich gerade in Phasen starker Gefahr absolute Ruhe und Gelassenheit verordnen. Ein Hilfsmittel hierfür ist die Meditation. Vertreter solcher Kulturen wären über das Ergebnis der Bundestagswahl vermutlich geradezu entzückt. Das Patt der widerstrebenden Kräfte wäre für sie just jene Konstellation, in der Politik und Gesellschaft wieder zur Ausgeglichenheit finden könnten. Womöglich würden sich die meisten Probleme dann wie von selbst lösen.

Für uns aber wirkt solche Weltsicht wie eine schlechte Karikatur. Das Leben stellt uns naturgemäß vor Probleme, wenn nicht gar Gefahren. Diese zu meistern, so sind sich die meisten Deutschen sicher, erfordert Bewegung, und zwar möglichst durchdachter, zielstrebiger Art. Wer in Problemen steckt, muss energisch an ihrer Lösung arbeiten. Warten hilft nichts. Patt ist zu matt, das gilt im Privaten wie im Politischen. Stillstand ist der halbe Untergang. Wer also hat uns die missliche Lage nur eingebrockt? Schuldige her!

Nun, ein guter Psychologe würde an dieser Stelle wohl darauf hinweisen, wie der wichtigste erste Schritt zur Lösung des Problems lautet: Niemand hat uns das eingebrockt - außer wir selbst. Der Stillstand ist nicht über uns gekommen wie ein Naturereignis, sondern wir selbst haben es so und nicht anders bewirkt. Das Spiel mündet im Patt, weil es die Spieler eben nur so konnten (oder wollten). Und die Wahl am Sonntag endete mit einem Unentschieden nicht deswegen, weil der eine wieder so gut oder die andere wohl doch heillos überfordert war, sondern weil die Wähler es eben so und nicht anders wollten. So paradox es klingt: das Unglück des Stillstands kann letztlich nur der überwinden, der den Stillstand nicht als Unglück wahrnimmt, sondern als blanke Realität und daher Ausgangspunkt neuer Überlegungen.

So verlockend die Metapher auch sein mag: Politik ist eben doch kein Schachspiel. Bei Letzterem gibt es stets nur Schwarz und Weiß, und wenn der König sich nicht mehr bewegen kann, dann ist die Partie gescheitert. Die große Partie in Berlin aber zeichnet sich ja gerade nicht durch einen Mangel an Bewegungsmöglichkeiten aus. Bis zum Sonntag wurde der Wähler beharrlich aufgefordert, sich gefälligst zwischen zwei Alternativen zu entscheiden. Die Mehrheit der Wähler hat sich entschieden - für keine. Spielerisch betrachtet ist das eine Enttäuschung. In einer Psychologenpraxis könnte das immerhin schon der Beginn einer wunderbaren Therapie sein. Und politisch? Das kommt ganz drauf an, wie weit die Fantasie da reicht.

Quelle: Stuttgarter Zeitung online 
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Veröffentlicht von Klaus-Jörg Lais



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