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Europameisterschaften Hajo Hecht - der Mann aus dem Osten, der für den Westen spielte – die etwas andere EM-Vorschau
Europameisterschaften

28.10.2011
Ich habe lange überlegt, wie ich Sie wohl am besten auf die Team-Europameisterschaften einstimmen könnte, die vom 2.-12. November im griechischen Porto Carras stattfinden. Was die Historie dieses Mannschaftswettbewerbes angeht, der seine Premiere 1957 in Wien feierte (22.-28. August) und zunächst mit 10er Teams ausgetragen wurde, so kann man sich beispielsweise problemlos im Internetlexikon Wikipedia informieren. Da erfährt man, dass die erste Goldmedaille wie damals nicht anders als erwartet an die Sowjetunion ging, die Paul Keres, David Bronstein, Michail Tal, Boris Spasski, Tigran Petrosjan, Wassili Smyslow, Mark Taimanow, Viktor Kortschnoi, Alexander Tolusch, Isaak Boleslawski, Juri Awerbach und Lew Aronin aufgeboten hatte.
Und natürlich sind auf der Ausrichterseite längst die Teilnehmer des nunmehr 18. kontinentalen Championats – die Frauen ermitteln ihren neunten Titelträger seit 1992 – publik. Titelverteidiger in der Offenen Klasse, wo 38 Nationen(!) gemeldet haben, ist Aserbaidschan, bei den Damen mit 28 Länder-Mannschaften will Russland nach 2007 und 2009 den Hattrick schaffen.

Für unsere deutschen Teams wird es nicht leicht werden, zumindest erst einmal ihre Setzranglistenplätze 7 (Frauen) und 12 (Männer) zu erreichen. Da lediglich neun Runden angesetzt sind, hat im Grunde jedes Match so etwas wie Endspielcharakter. Und das unter solchen Umständen Überraschungen möglich sein können, beweisen ja die beiden Bronzemedaillen unserer Männer, 1999 in Batumi und 2001 in Leon. Das liegt freilich weit zurück, und doch wird sich einer aus dem aktuellen deutschen Aufgebot besonders gern an diesen Erfolg vor genau einem Jahrzehnt in Spanien erinnern. Es ist der in Leimen geboren Rainer Buhmann, der damals als "fünfter Mann" aufgestellt wurde und gerade einmal 20 Jahre alt war. Die letzte deutsche EM-Medaille holte er damals zusammen mit Christopher Lutz, Dr. Robert Hübner, Gerald Hertneck und Klaus Bischoff.

Und eben Rainers Alter ist so etwas wie eine Brücke zur nachfolgenden Geschichte, die eigentlich viel zu unglaublich scheint als das sie wahr sein könnte. Aber sie ist es tatsächlich und spielt im geteilten Deutschland im Jahre 1960 als es in Berlin noch keine Mauer zwischen Ost und West gab, die dann für fast drei Jahrzehnte zum schrecklichen Symbol der deutschen Teilung werden sollte...

Unser Held – das würde er so gar nicht gern hören – heißt Hans-Joachim Hecht (Foto). 1939 im brandenburgischen Luckenwalde geboren, verschlägt es seine Familie ein Jahr nach Kriegsende – der Vater hat einen kleinen privaten Tischlerbetrieb – nach Rangsdorf, das südlich von Berlin in der sowjetischen Besatzungszone liegt. Nach Gründung des Arbeiter- und Bauernstaates, genannt DDR, heißt dieses Gebiet rund um Westberlin Zonenrandgebiet. Und das hat durchaus Vorteile, denn die DDR-Behörden tolerieren nicht nur in der unmittelbaren Nachkriegszeit unglaublich viel. So geht Hajo in Berlin (West) ganz regulär ab 1950 zur Schule, wo er auch seinem ersten Schachverein beitritt. Im SK Tempelhof entwickelt er sich prächtig, wird 1958 westdeutscher Jugendmeister, und 1960 erhält er sogar eine Berufung in die westdeutsche Nationalmannschaft der Herren.

Für die stehen für die 2. Europa-Mannschaftsmeisterschaft die Ausscheidungsspiele in der Vorgruppe II mit Finnland und Gastgeber Schweden in Stockholm vom 10. bis 16. Januar 1960 an. Zwar winkt ihm unmittelbar vor seinem 21. Geburtstag kein Platz im Stammzehner, aber er bekommt drei Einsätze an Brett 10, wo er den Finnen Matikka schlägt und gegen den Schweden Olsson sogar 1,5 Punkte holt.

Dass sein Team beide doppelrundigen Vergleichskämpfe gewinnt (12,5:7,5 gegen Finnland, 11:9 gegen Schweden) und sich damit für die Endrunde qualifiziert, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Ebenso, dass die Deutschen Ost in der Vorgruppe III zwei Monate später in Halle/Saale an der CSR scheitern.

Nun werden Sie ungläubig fragen, wie es möglich war, dass ein DDR-Bürger für den anderen deutschen Staat sogar in der Nationalmannschaft Schach spielen konnte, was im deutschen Sport meines Wissens seinesgleichen sucht?

"Im Westen wurde zwischen 'bundes'-deutsch und 'demokratisch'-deutsch nicht unterschieden; ich war einfach nur Deutscher. Im Osten dagegen machte ich mich u.a. mit Sicherheit des Passvergehens schuldig, Um nach Westdeutschland oder ins westliche Ausland zu kommen, bedurfte es eines Westpasses, den ich im Tausch gegen meinen DDR-Personalausweis erhielt, um ihn nach der Rückkehr wieder bei der Westberliner Polizei abzuholen. Weil die Sache den Westberliner Behörden zu heiß wurde, habe ich seit 1958 Westberlin stets auf dem Luftweg verlassen, um nicht beim Transit durch die DDR womöglich aufzufliegen.

In Rangsdorf war ich bei den Behörden der DDR als Schachspieler unbekannt, während ich bei den Schachspielern der DDR als Westberliner und Deutscher Jugendmeister bekannt war. Nicht selten spielte ich in Ostberlin beim Simultan mit, beispielsweise gegen Botwinnik, Smyslow, Bronstein und Taimanow. Sogar bei der Schacholympiade 1960 in Leipzig war ich Gast", berichtet Hans-Joachim Hecht in seiner Autobiografie ROCHADEN, an der er gegenwärtig arbeitet.

Sicherlich dürften seine "Rochaden" zwischen Ost und West nicht unproblematisch gewesen sein, aber vielleicht hatte er ja in Caissa seinen Schutzengel.

Der fehlte ihm allerdings dann bei der Nominierung zur EM-Endrunde ein Jahr später, die Ende Juni in Oberhausen in Deutschland West stattfand. "Ich war bei beiden Kandiatenturnieren des DSB in Berlin 1960 und Hitzacker 1961 mit jeweils 7.5 aus 13 durchgefallen. Es gelang mir nicht, mich für die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1961 zu qualifizieren.
"

Ob die Deutschen West bei ihrer Heim-EM mit Hajo Hecht einen besseren Platz als nur Rang 5 unter sechs Teams belegt hätten, ist reine Spekulation, obwohl gerade die hinteren Bretter schwächelten. Titelverteidiger UdSSR – diesmal mit Botwinnik, Tal, Keres, Petrosjan, Symslow, Kortschnoi, Geller, Taimanow, Polugajewski, Furman sowie den Ersatzspielern Tolusch und Bagirow – zauberte im wahrsten Sinn des Wortes und holte 74,5 von 100 möglichen Punkten – das war wohl mehr als ein Klassenunterschied auch zum Vize Jugoslawien, dessen Crew es auf 58,5 Zähler brachte.

Eine Woche vor jenem schicksalhaften 13. August 1961 entschied sich Hans-Joachim Hecht dazu, bewusst zur letzten Rochade von Ost nach West, wohl wissend, dass den Eltern eines "Republikflüchtlings" Repressalien drohten. Dass es dann doch glimpflicher verlief als zu erwarten war, ist eine andere Geschichte...

Schachlich jedenfalls ging es mit seiner Karriere sprunghaft voran. "Der Durchbruch gelang mir beim Kandidatenturnier in Bad Pyrmont 1962, als ich mit 11 aus 13 überlegen vor Wolfram Bialas gewann. Erst danach gehörte ich zum Stamm der deutschen Nationalmannschaft und kam in die engere Auswahl für die Schacholympiade. Das Juniorenturnier von Bamberg war nicht der Auslöser, denn zu diesem Zeitpunkt war ich bereits für Warna 1962 nominiert.
Den gewaltigen Sprung nach vorn bestätigte ich bei den deutschen Meisterschaften 1963 in Bad Pyrmont, als ich hinter Unzicker und Pfleger je 11,5 mit großem Vorsprung auf die Meute mit 10,5 auf Rang 3 einkam.
Warum ich dann nicht die Olympiade in Tel Aviv 1964 spielte?
Ganz einfach: Mein Dienstherr, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erachtete meine Ausbildung für wichtiger und verhängte eine Sonder-Urlaubssperre...
"

Insgesamt nahm Hajo an zehn Schacholympiaden teil und holte dabei 64,5 Punkte aus 110 Partien (+40 =49 – 21), wobei Platz 4 in Buenos Aires 1978 das beste Ergebnis war.

Apropos Mannschafts-Europameisterschaften. Hier spielte Hans-Joachim Hecht bei drei Endrunden stets an "seinem" Brett 4 mit (1965 in Hamburg, 1974 in Bath, 1977 in Moskau), ohne allerdings jemals eine Team-Medaille zu gewinnen.

Das gelang übrigens 1970 ganz überraschend den Deutschen Ost im österreichischen Kapfenberg mit Platz 3, wobei zum Silbermedaillengewinner Ungarn nur 2,5 Punkte fehlten. Von jenem Team das zehn Jahre zuvor den Einzug in die Endrunde verpasst hatte, waren noch Wolfgang Uhlmann, Burkhard Malich, Reinhart Fuchs, Heinz Liebert, Lothar Zinn, Friedrich Baumbach und Werner Golz dabei. Kaum zu glauben, dass zwei Jahre später nach der Schacholympiade in Skopje die Sportfunktionäre im Osten das internationale Aus für die Sportart Schach und damit auch die Nichtteilnahme an den Europa-Mannschaftsmeisterschaften diktatorisch durchsetzten...
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Veröffentlicht von Raymund Stolze



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