Ene mene muh und raus bist du! Weltmeisterschaften 01.09.2011 Man sagt so leicht dahin, dass Kindermund Wahrheit kund tut. Der Abzählreim in der Schlagzeile jedenfalls trifft exakt auf die Situation von noch 63 Männern und einer Frau (Judit Polgar) zu, die in Runde 2 des 4. FIDE-Weltcups nun die letzten 32 ermitteln müssen. Dass kann bereits in der regulären zweiten Partie sein, oder aber dann in den Stichkämpfen mit zwei Schnellschach- und maximal fünf Blitzpartien. Archivfoto 2008: Sind die aktuelle Nummer 3 in der noch "inoffiziellen" Weltrangliste bei den Schach spielenden Ehepaaren: Anna Satonskich und Daniel Fridman "Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen...", ist noch so ein hintersinniges Zitat - diesmal vom größten deutschen Jahrhundert-Humoristen Loriot. Und eben da ist entschieden zu widersprechen - weil es im konkreten Fall um Schach spielende Ehepaare geht! Das weltweit spielstärkst Duo (Stand 1. September!) ist hier übrigens Natalja Shukowa/Alexander Grischuk mit einem Elo-Durchschnitt von 2586,5. Es folgen die Eheleute Almira Skripchenko/Laurent Fressinet (2583), Anna Satonskich/Daniel Fridman (2580), Monika und Bartosz Socko (2559) sowie Kateryna Dolchykowa/Sergej Karjakin (2541,5). Ein Blick auf die Weltcup-Teilnehmerliste zeigt, dass alle fünf männlichen Partner in Chanty Mansijsk dabei waren (Fressinet, Socko) oder es noch sind... Und natürlich fieberte in Bochum Anna Satonskich mit ihren Daniel, der heute vor dem Problem stand, mit Weiß gegen Schachrijar Mamedjarow viel zu riskieren oder ganz auf Sicherheit zu setzen, um die Entscheidung dann im Tiebreak zu suchen - wie es ja dann nicht unerwartet auch gekommen ist.... Weiß: Fridman, D. [Deutschland] Schwarz: Mamedjarow, S. [Aserbaidschan] Königsindische Verteidigung (ohne Sc3) [E60] 1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.g3 Lg7 4.Lg2 0-0 5.0-0 d6 6.b3 c5 7.c4 cxd4 8.Sxd4 d5 9.cxd5 Sxd5 10.Lb2 Da5 11.Dd2 Dxd2 12.Sxd2 Td8 13.Sc4 Sa6 14.Tfd1 Sac7 15.Tac1 Tb8 16.Sa5 16...Se6 17.Sxe6 Lxe6 18.Lxg7 Kxg7 19.Lf3 Td7 20.Td4, und Weiß bot remis, das Schwarz annahm. [1/2] Dass wir stets die persönlichen Anmerkungen von Daniel an dieser Stelle finden, haben wir Andreas Jagodzinsky zu verdanken, der ein guter Freund der Familie ist. Das musste an dieser Stelle unbedingt einmal gesagt werden - danke Andreas! Und hier sind nun die persönlichen Gedanken unseres WM-Kandidaten, auf die Sie sicherlich schon warten: In der Variante mit 6.b3 ist es nicht so gut, wenn Schwarz d5 spielt, weil er vorher schon d6 gezogen hat. Nach 19.Lb2 habe ich Vorteil. Vielleicht muss Schwarz später seinen Läufer g7 gegen den Springer tauschen. Ich sehe nicht, wie Schwarz weiter spielen soll. 15.Tac1: Ich habe sehr logisch gespielt. Vielleicht war auch Td2 eine Option. Vielleicht habe ich meine Stellung aber auch etwas überschätzt. 16.Sa5: Ich dachte, hier stehe ich ganz gut. Aber jetzt bekommt Schwarz Chancen durch den Partiezug ...Se6 auszugleichen. Vielleicht muss man hier nach Verbesserungen suchen. Anmerkung des Beobachters aus der Ferne: Nachzudenken ist über 16.e4, beispielsweise: 16... Sb4 17.a3 Lxd4 18.Txd4 Txd4 19.Lxd4. 17.Se6: Vielleicht sollte man hier einfach 17.e3 spielen, und es ist schwer für Schwarz, etwas Vernünftiges zu finden. Eventuell muss er auf d4 tauschen. 19.Lf3: Hier dachte ich zunächst, dass ich 19.e4 spielen kann, aber dann kommt sehr stark 19...Sc3! 20.Txd8 Txd8, und jetzt ist 21.Ta1 erzwungen, denn nach 21.Txc3?? erzwingt Schwarz mit 21...Td1+ 22.Lf1 Lh3 sogar ein undeckbares Matt. Wenn man nicht direkt etwas gewinnen kann, spielt man eben nicht gerne e4 und verstellt den Lg2. Und das wäre ja in diesem Fall sogar tödlich gewesen... Nach meinem 20. Zug bot ich Remis, was mein Gegner sofort annahm. Noch wenige Züge vorher stand Schwarz unterentwickelt, aber jetzt hat er fast alles abgetauscht. Neben Daniel Fridman gegen Schachrijar Mamedjarow finden am Freitag übrigens weitere zwölf Tiebreak-Begegnungen statt. So müssen von den Favoriten u.a. Sergej Karjakin, Alexander Grischuk und Peter Swidler nachsitzen. Mit jeweils 2:0-Siegen setzten dagegen die beiden Russen Alexander Morosewitsch (gegen Alexandr Fier/Brasilien) und Europameister Wladimir Potkin (gegen Alexei Schirow/Spanien) deutliche Achtungszeichen. Nicht zu vergessen schließlich Judit Polgar, Es war schon mächtig gewaltig, wie die zweifache Mutter den bärenstarken Mannschaftsweltmeister Sergej Movsesian (Armenien) mit Schwarz in einem Damen-Läuferendspiel - letztere waren sogar ungleichfarbig - einfallsreich unter Druck setzte und schließlich mit einem unaufhaltsamen a-Freibauern "herauskegelte". Judit, die als erste und bisher einzige Frau in der Schachgeschichte ein WM-Turnier um die Schachkrone spielte, ist endgültig zurück in der Weltspitze lautet die Botschaft. Die Herren müssen sich also warm anziehen... P.S.: An dieser Stelle noch einmal ein Hinweis auf einen Service für all jene, die vor allem Urlaub haben und deshalb die Partien aktuell verfolgen wollen: Rundenbeginn ist jeweils 11 Uhr MEZ. Im Fritzserver werden die Partien gezeigt und in einer Auswahl von Klaus Bischoff (deutsch), Jan Gustafsson (englisch/deutsch), Daniel King (englisch), Jan Smeets (englisch) und Sam Collins (englisch) wechselweise live, jeweils ab ca. 13 Uhr, kommentiert. Nach den Runden werden in Zusammenfassungen noch einmal Höhepunkte gezeigt (ab ca. 19 Uhr.). [Turnierseite] Dieser Artikel wurde bereits 1850 mal aufgerufen. Veröffentlicht von Raymund Stolze

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