Die drei Schachjournalisten - nebenbei auch richtig gute Schachspieler - bemühten sich um einen möglichst kompletten Eindruck. Obwohl das auf hochwertigem Papier gedruckte Buch vor allem nach außen hin den Fokus auf Schachkompetenz zu legen scheint - nicht weniger als 64 Meister kommentieren Partien - bietet das Buch noch weitaus mehr. Durch die stringente Verwendung von Schwarz-Weiß-Bildern verschmelzen die optischen Eindrücke auf nahezu künstlerische Weise mit dem Text. Launig kommentiert wird einem schon beim reinen Betrachten der Fotos klar, wie vielfältig solch ein Olympiadeprojekt ist. Die Fotos beschränken sich bei weitem nicht nur auf die typischen Brett-Portrait-Aufnahmen und man wünscht sich umgehend die Tage zurück, in denen man selbst Teil dieser gigantischen Schachmaschine war.

Neben den fachlich wie stilistisch einwandfrei kommentierten Partien finden sich mannigfaltige Texte aus den 'Sideline-Stories' dieser Tage. Manche kommen da nicht ganz ungeschoren weg, Gerne und mehrfach wird auch mal hinterfragt und beleuchtet, wie beispielsweise die FIDE ihre Rolle als Weltverband interpretiert. Oder wie sich Regeländerungen auf den Alltag der Spieler auswirkten. Super fand ich persönlich, dass auch mal aus Organisatorensicht und Schiedsrichteralltag, aus Trainer- und Begleiterperspektive mit berichtet wird. Allein der komplette Teil nach dem sportlichen Verlauf hätte ein eigenes Buch verdient. Da erzählt beispielsweise Klaus Bischoff über seine Kommentatorentätigkeit, Artur Jussupow über seine Zusammenarbeit mit Viktor Kortschnoi. Oder Gabriel Sargissian über den unglaublichen armenischen Erfolg.

Und immer wieder Bilder, Bilder, Bilder. Dieses Werk bietet auf sage und schreibe über 300 Seiten so viele Eindrücke, dass man es getrost als Investition für die Nachttisch-Jahreslektüre betrachten kann - immer vorausgesetzt, man liebt das Schach zunächst mal als unendliches Spiel und geht den tiefgründigen Analysen nach. Abgerundet wird das Buch durch einen ordentlichen Statistikanteil, das Verhältnis der sich mit dem rein sportlichen Verlauf befassenden Texte zu dem Rest beträgt in etwa 60:40. Drei Wermutstropfen seien doch erwähnt. Das Buch ist in englischer Sprache, was zwar nicht der Qualität, wohl aber als Nicht-Muttersprachler dem Lesefluss abträglich ist. Was man leider nur am Rande findet, waren die vielfältigen Aktionen des DSB: Zumindest der Deutschlandcup, der inklusive der Vorturniere tausende Spieler beschäftigt hat, hätte einen eigenen Artikel verdient. Schließlich hätte ich mir solch ein Kompendium direkt nach der Schacholympiade gewünscht. Nun bedeutet das Buch auch vor allem in Anbetracht des zeitlichen Abstands für den Wert im Bücherregal das, was es schon vorher im Kopf war: Eine wunderschöne Erinnerung an ein einmaliges Erlebnis. Gut, dass jemand mitgeschrieben hat.

Harald Fietz

Anna Burtasova

Josip Asik

OLYMPIAD UNITED

340 Seiten

370 Fotos

Großformat

Gebunden

Englisch

29,90 Euro. Zum Beispiel bei http://www.chessware.de oder http://www.schachversand.de