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Weltmeisterschaften Der WM-Kampf nimmt Fahrt auf
Weltmeisterschaften

16.10.2008
Axel Dohms, der uns immer wieder lesenswerte Artikel liefert, hält sich derzeit in der einstigen Bundeshauptstadt Bonn auf, um die Atmosphäre einer Schach-Weltmeisterschaft auf sich einströmen zu lassen.
Von den ersten beiden Tagen der Weltmeisterschaft hat er lebhafte Berichte in den Computer gehackt, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.

Foto: Torsten Behl, www.uep-worldchess.com (Kramnik, Bischoff und Anand bei der Pressekonferenz nach der zweiten Partie)

Nach spannendem Kampf wieder ein Unentschieden
Kramnik – Anand: 1,0:1,0

Eine Stunde vor Beginn der 2. Partie im Pressezentrum. Ich sehe Gerhard Hund, das Haupt einer deutschen Schachdynastie, am Laptop sitzen und steuere auf ihn los. Für wen schreibt er da? 76 Jahre alt und offensichtlich noch kein bisschen schachmüde. "Für mich selbst. Unter www.teleschach.de seit 12 Jahren. Längst vor meiner Firma Bayer habe ich mit Computern Umgang gehabt." Der studierte Mathematiker, der nach seinem Studienabschluss 6 Jahre an der TH Darmstadt tätig war, blüht förmlich auf und seine Augen leuchten. "Seit 1956, als der erste kommerzielle Computer auf den Markt kam, haben wir von den heutigen Möglichkeiten geträumt: Schach, Spracherkennung und vieles mehr." Er klickt auf seine Homepage und das Logo: fünf stilisierte Figuren, seine Töchter Susanne, Barbara, Juliane, Isabel, Dorothee, die alle – bis auf letztere, eine Rechtsanwältin – noch Schach spielen. Er verweist auf zahlreiche, wohlgeordnete Rubriken. "Ich berichte über alles mögliche, Bundesliga, Deutsche Schachjugend, Aktuelles aus der Schachwelt." Er reichert sie mit vielen gekonnten Fotos und Videofilmen an. Sehr professionell, das Ganze. "Werden Sie nach Dresden zur Olympiade fahren?" – "Da bin ich die ganze Zeit vor Ort. Barbara spielt für die Schweiz. Ich werde die deutschen und schweizerischen Ergebnisse übermitteln." Woher die Energie und der Enthusiasmus? "Ich will noch 25 Jahre leben und meinen Vater überflügeln. Der wurde 101 Jahre alt." Ich frage ihn nach seinem Eindruck der gestrigen Partie. War die langweilig? "Nö, nö. Es war eine Abwicklung ins Endspiel von Anfang an. Kramniks Stärke. Da ist er Anand überlegen. Für den habe ich allerdings eine kleine Verbesserung gefunden." Das erweckt meine Neugier. "Welche?" – "Ich fand e5 nicht gut." Er ruft unter www.teleschach.com/aktuelles die Stellung ab, die schon gespeichert ist, und gibt als Vorschlag ein: 24... Txa2, 25 exf6 – Lc2, 26 Td2 – Lxb3. "Ob es zum Gewinn reicht, weiß ich nicht. Aber eine Möglichkeit war es, die weißen Bauern sind weggeräumt." – "Danke, Herr Hund."

Ich mache mich auf den Weg ins Forum. Da läuft ein informativer Vorspann auf der Großleinwand. Geschichte des Schachs, Tabellenübersicht der bisherigen Weltmeister, Schachbiographie der Kontrahenten, Spruchweisheiten wie "Nicht jeder Künstler ist ein Schachspieler, aber jeder Schachspieler ein Künstler" (Marcel Duchamp). Ich sichte Christoph Pragua, WDR-Regisseur und Mitglied des Klubs Kölner Schachfreunde. Was lockt ihn hierher? "Ich schreibe für das Westfalenblatt." Ich befrage ihn nach seinem Eindruck der gestrigen Partie. "Ich habe einiges gelernt. Nicht spektakulär, aber interessant. Nicht so langweilig, wie viele behaupten." Das passt zu Anands Äußerung: "Die Stellung ist nicht so unschuldig wie sie erscheint."

Steckbrief der Partie: Nimzoindisch mit 4. f3 – früher Zentrumsabtausch, ein Mehrbauer für Weiß. Den gibt er schnell zurück (12. c6), um seine "Bauerninseln" zu reduzieren (a3, c3, e4) und die seines Gegners zu erhöhen (c6, e6). Drumherum entbrennt ein heftiger Kampf. Weiß will sein Läuferpaar in Stellung bringen, Schwarz im Zusammenspiel von Dame und Springer die gegnerische Rochade verhindern. Der Rückzug Läufer Lb1 sieht wie ein Zugeständnis aus, aber Schwarz lässt aus guten Gründen die Finger vom Bauerngewinn c4. Das würde Weiß eine gefährliche Initiative einräumen. So sieht es auch Artur Jussupow im Kommentatorenraum, wie ich mir habe sagen lassen. Stattdessen versucht Kramnik seinerseits, eingedenk seiner Stellungsschwächen, unter Bauernopfer Druck auf den König auszuüben (27. h5). Als der nachlässt, hat Weiß ein paar Züge Zeit zur Konsolidierung seiner Figuren (Türme, Läufer b1) und Schwarz zur Schadensbegrenzung (Rückgewinn des Bauern). Friedenschluss bei knapp gewordener Zeit Anands auf Vorschlag, wie im nachhinein zu erfahren war, von Kramnik.

Auf der Pressekonferenz erteilt GM Klaus Bischoff Anand das Wort. Der rekapituliert das Geschehen und beantwortet die Frage: "Wann haben Sie sich in ihrer Stellung wohlgefühlt?" – "Nach 20. Kf2." Anschließend wendet sich Bischoff an den Herausforderer: "Du hast heute mächtig um den Ausgleich kämpfen müssen." Dessen lakonische Antwort: "Weiß auch." Mit dem Zusatz: "Ich war nach 21. Sdf6 zu optimistisch."
Mein Fazit: noch kein Titanenkampf, aber ein Spiel auf hohem Niveau.

Axel Dohms



Ein zögerlicher Auftakt bei der Schach-WM
Kramnik – Anand 0,5 : 0,5

Als ich am Austragungsort eintreffe, sind es noch anderthalb Stunden hin bis zur Eröffnung. Durch das Foyer der Kunst- und Ausstellungshalle Bonn, vorbei an einem dicht umlagerten Gartenschach, begebe ich mich zum Pressezentrum. Mein Ausweis ist noch nicht fertig. Man händigt mir ein Bändchen aus, das als Tagekarte dient und, wie ich später feststelle, jedem zweiten der Anwesenden am Hals baumelt. So kann ich immerhin ungehindert durch die heiligen Hallen schlendern, mich umgucken und meine nicht repräsentative Zuschauerumfrage starten. Wie gerufen kommt da auf dem Treppenabsatz ein junger Mann, der mich anspricht: "Sind Sie Herr Hort?" – "Nein, zuviel der Ehre." Es ist Jürgen Zahner aus Augsburg, kein Vereinsspieler, aber ein eingefleischter Schachfreund, der sich mit seinem Laptop fit hält. Eigens Urlaub genommen, für zwei Tage angereist, 70 Euro bezahlt, mehr als für die Bahncard. Warum, was erwartet er? "Keine langweiligen Remis. Das wäre eine Enttäuschung."

Gleich darauf laufe ich Stephan Andreae, dem Fachgebietsleiter Forum, über den Weg. Dem Denker und Lenker der Veranstaltung, mit dem ich mich vor drei Monaten zwecks WM-Vorbericht verabredet hatte. "Na, wie ist Ihre Stimmung? Nervös wie ein Schauspieler vor der Premiere, stolz wie ein Bühneninspizient, der zufrieden auf die tadellose Vorbereitung zurückblickt und sich sagt: Nun sollen die Protagonisten mal zeigen, was sie können? Oder einfach, wie ein normaler Besucher, in erwartungsvoller Vorfreude?" Andreae’s Antwort: "Wir sind voll Spannung. Und dürfen keinen Augenblick nachlassen. Es gibt immer tausend Dinge zu tun. Das ist wie beim Schuheputzen. Sie können immer noch mehr, noch strahlender glänzen."

Ich gehe auf einen Sprung zum eigentlichen Schauplatz. 14 Uhr 15, etwa 40 Menschen sind in dem 400 Personen fassenden Saal, setze mich in die vorletzte Reihe und bewundere das eindrucksvolle Licht- und Bühnenspektakel. Hinter mir ein junger Bursche, 20 Jahre, Bäcker, Nico. Ihn ziert kein Bändchen, aber er hält eine Karte in der Hand. "Was treibt dich her?" – "Ganz einfach. Berufliche Beziehungen. Ich habe eine Ehrenkarte." – "Von wem hast du die bekommen?" – "Vom Hilton Hotel, mit dem stehen wir in geschäftlicher Verbindung. Und da wohnen ja die Spieler." – "Hast du Ahnung von Spiel?" – "Wenig. Weiß gerade mal, wie die Figuren ziehen. Aber vielleicht begeistert mich das heute. Man weiß ja nie."

Und weiter geht’s, in den Ostflügel. Ich passiere einen Verkaufsstand, die Ecke des Breitensportreferenten, "Guten Tag, Herr Schreiber", und trete hinein in das Kommentatorenstudio, zugleich Ort der täglichen Presskonferenz, wo an den Wänden ca. zwanzig wunderschöne Bilder von Ugo Dossi hängen, die in irisierenden Regenbogenfarben berühmte Schachpartien der Vergangenheit graphisch nachzeichnen. Ihnen schenkt im Augenblick Dr. Helmut Pfleger seine ganze Aufmerksamkeit. Ich erlaube mir, ihn dabei zu unterbrechen und drei Fragen zu stellen. "Guten Tag, Herr Pfleger. Die Kandidaten haben sich gründlich und lange auf den Kampf vorbereitet, Sie als Kommentator auch? Oder verlassen Sie sich auf das Schatzkästlein Ihrer Erfahrungen?" – "Nun ja, nicht monatelang und nicht unbedingt tiefgründlich. Ich weiß natürlich einiges über die Kontrahenten, habe soeben eine DVD über sie verfasst. Gewappnet bin ich schon." – "Erwarten Sie einen Titanenkampf auf höchstem Niveau oder eher eine menschliche Komödie der Irrungen und Wirrungen?" – "Einen großen Fight. Aber wir erinnern uns alle an die zweite Partie Fritz – Kramnik, als dieser einen Blackout hatte. Das ist nie auszuschließen." – "Wer ist Ihr Favorit? Bitte keine diplomatische Antwort." – "Das hat nichts mit Diplomatie zu tun. Ich habe keine Ahnung. Ich mag beide sehr, liebenswerte Charaktere, ein Gewinn für die Schachwelt. Mehr weiß ich nicht."

Gleich darauf stoße ich am Eingang zur Dossi-Ausstellung auf den ersten Menschen, der eine regulär erworbene Eintrittskarte hochhält. Hermann Dieckmann, seit kurzem 1. Vorsitzender des Schachbezirks Porta (Ostwestfalen-Lippe) und Breitensportpapst, wie er sich selbst bezeichnet, der frei nach Joseph Beuys die Überzeugung vertritt: Schach spielen kann jeder. Kommt aus einem 1.600-Seelen-Nest, wo es einen Schachverein mit 70 Mitgliedern gibt, über die Hälfte unter 20 Jahren. Es ist die SG Hücker-Aschen. Was treibt ihn nach Bonn? "Ich klaue mit den Augen. Mich interessiert die Präsentation, die Atmosphäre. Davon kann man lernen. Wir zum Beispiel für unser 25-jähriges Jubiläum im nächsten Jahr."

Ach du meine Güte, die Zeit ist mit Quatschen verflogen, schon kurz vor 3 Uhr. Muss mich sputen. Ich komme gerade rechtzeitig, die Nationalhymnen und Fide-Melodie sind verklungen und Dr. Werner Müller vom Sponsor Evonik führt soeben Kramniks Anfangszug d4 aus. Dann geht’s los. Nach 3 Stunden und 27 Zugfolgen ist der dröge Spuk vorbei. Hier der Steckbrief der Partie: Damengambit, Symmetrievariante, im 17. Zug gewinnt Weiß einen Bauern (b7) und hat auf dem Damenflügel eine 2:1-Majorität, die er aber langfristig nicht behaupten und umsetzen kann. Damentausch schon im 16. Zug, schwarze Aktivität der Türme auf der offenen c-Linie. Bald danach Abtausch eines Turmpaars, wenig später des zweiten. Es bleibt ein Bauernendspiel mit ungleich farbigen Läufern. Händeschütteln.

Kramniks Kommentar: "Ich musste mich an die Spannung eines WM-Kampfs gewöhnen. Ich versuchte Druck zu machen. Es reichte nicht." Anand: "Ich habe die Stellung schon mehrmals analysiert. Stark remisverdächtig."
Mein Kommentar: Ich fürchte, der Augsburger Schachfreund wird enttäuscht von dannen ziehen, Nico, der Bäcker zu seinen Brötchen zurückkehren und die Partie nie einer künstlerischen Bearbeitung durch Ugo Dossi für würdig befunden werden.

Axel Dohms
[Partien nachspielen]
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Veröffentlicht von Frank Hoppe



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