Diesmal waren auch Geschichtskenntnisse gefragt
Einleitend sei angemerkt, dass wir natürlich den Schwierigkeitsgrad vom Olympia-Quiz nicht in Höhen treiben, wo uns die Mitspieler ausgehen. Das war zum Glück auch diesmal nicht der Fall, obwohl die Stufe 12 einige Fallstricke hatte, denn die Aufgabe verlangte durchaus Kenntnisse der jüngsten Geschichte, und so gesehen, wurde die Antwort eben nicht nur zu einer schwierigen Zählerei (wer den Schachkalender2007 aus der Edition Marco zur Hand hatte, der war zumindest erst einmal gut dabei, denn auf den Seiten 161/162 hatte Herausgeber Arno Nickel eine Übersicht zu allen Schacholympiaden von 1924-2006 veröffentlicht).
Für die Ganz-Genau-Hingucker hatten wir außerdem bei der Fragestellung noch einen zusätzlichen Wink gegeben, dass Frauen- und Männerolympiaden, nur in den Jahren extra zählen, in denen sie getrennt waren, und wir uns außerdem grundsätzlich an den offiziellen Schacholympiaden der FIDE orientieren. Die Veranstaltung in München 1936, die ja bekanntlich unter der Ägide des Großdeutschen Schachbundes stand, der damals nicht dem Weltschachbund angehörte, fand daher zurecht keine Berücksichtigung.
Klar war allen Einsendern, dass auf gar keinen Fall in den Niederlanden bisher die meisten Schacholympiaden stattfanden. Dann gingen die Meinungen aber doch ziemlich auseinander, wie das Ergebnis in Prozenten belegt: 50 Prozent votierten für Deutschland, 30 Prozent für UdSSR/Russland und 20 Prozent für Jugoslawien.
Die richtige Lösung ist tatsächlich [B] Deutschland, für die sich die Hälfte der Mitspieler ja auch entschieden haben.
Doch wie immer der Reihe nach...
In den Niederlanden fanden drei Schacholympiaden statt. Die Männer spielten 1928 in Den Haag und 1954 in Amsterdam, während die Frauen sogar in Emmen 1957 ihre Olympiapremiere im Land der Tulpen feiern konnten.
Bemerkenswert sind sicherlich noch nachfolgende Fakten: An der II. Olympiade in Den Haag durften nur Amateure teilnehmen, d.h. die führenden Großmeister jener Zeit, die in der Regel ja Profis waren und vom Schach lebten, fehlten laut Beschluss des FIDE-Kongresses, der während der Londoner Olympiade ein Jahr zuvor stattgefunden hatte. Das war übrigens das einzige Mal, dass die Weltschachföderation Beschränkungen hinsichtlich der Teilnehmer durchsetze. Parallel zum Mannschaftsturnier fand ein Einzelturnier unter der Bezeichnung "Amateur-Weltmeisterschaft" statt. Sieger wurde mit 12 Punkten aus 15 Partien der spätere "Profi"-Weltmeister Max Euwe, vor dem Polen David Przepiorka (11), der dem Champion aus den Niederlanden als einziger bezwang, und dem Letten Hermann Mattison (10).
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Dass eine Stadt in den Niederlanden 26 Jahre später erneut Gastgeber des "Turniers der Nationen" war, verdankt sie einer kurzfristigen Absage. In Buenos Aires sollte am 1. September 1954 die XI. Schacholympiade beginnen, doch sechs Wochen vorher waren die Ausrichter wegen finanzieller Probleme gezwungen, die Veranstaltung an die FIDE zurückzugeben. Nur 48 Stunden später sprang jedoch mit der Unterstützung des Königlichen Niederländischen Schachbundes jedoch der "Stichting voor Internationale Schaaktraditie van Amsterdam" als Ausrichter ein. Lediglich die Reisekosten der teilnehmenden Mannschaften wurden nicht übernommen. Somit konnte die Schacholympiade auf wundersame Art gerettet werden, und bis auf die USA waren dann auch alle damaligen Spitzenteams in Amsterdam am Start.
"In Deutschland fanden bisher fünf offizielle Schacholympiaden statt Hamburg 1930, München 1958, Leipzig 1960, Siegen 1970 und die Frauen-Olympiade Oberhausen 1966", schreibt Jeronimo Hawellek aus Hamburg. "Jugoslawien kommt auf vier Dobrovnik 1950. Skopje 1972, Novi Sad 1990 und die Frauen- Olympiade in Split 1963", so der FIDE-Meister (ELO: 2305!), der am Brett 1 für den SK Marmstorf GW Harburg aktiv ist. "Es ist aber zu erwähnen, dass Leipzig 1960 zur DDR gehörte, und die restlichen Olympiaden in der Bundesrepublik Deutschland stattfanden", so unser "ständiger Mitstreiter" Alexander Frenkel aus München, der dann auch in Sachen Jugoslawien eine politisch fundierte Erklärung gibt: "Da Slowenien 1991 seine Unabhängigkeit erklärt hat, gehört Bled (2002) nicht mehr zu A) Jugoslawien, sonst wäre dieses Land mit Dubrovnik (1950), Split (1963 - Frauen-Olympiade), Skopje (1972) und Novi Sad (1990) auch auf fünf Zähler gekommen."
Und genau diese beiden Feinheiten geben den Ausschlag für Deutschland. Während nämlich die DDR sich der Bundesrepublik Deutschland anschloss, haben die Slowenen, wo im Luftkurort Bled 2002 die 35. Schacholympiade stattfand, seit der Unabhängigkeitserklärung vom 25. Juni 1991 ihren eigenen Staat.
Bleibt noch unser letzter Kandidat UdSSR/Russland übrig. Zum ersten Mal fand in Moskau 1956 (31. August bis 25. September) die Schacholympiade statt, und die 34 Nationalmannschaften waren natürlich damals neuer Teilnehmerrekord. Das Gastgeber nach den Olympiasiegen von 1950 (2 Punkte Vorsprung), 1952 (1,5), 1954 (7) erneut klarer Favorit waren, versteht sich. Und Das Team mit dem amtierenden Weltmeister Michail Botwinnik, Wassili Smyslow, Paul Keres, David Bronstein, Mark Taimanow und Jefim Geller war natürlich Herr im "eigenen Haus". Mit 31 Punkten in der Finalrunde A gab es lediglich ein 1,5:2,5 gegen die Drittplatzierten Ungarn, wobei das die erste Länderspielniederlage überhaupt war!) hatten man am Ende 4,5 Punkte Vorsprung auf die Jugoslawen mit Svetozar Gligoric am Spitzenbrett. 38 Jahre später war Moskau, nunmehr die Hauptstadt Russlands erneut Ausrichter der Schacholympiade. Und schließlich waren die Russen 1998 in Elista zum dritten Mal Olympia-Gastgeber Gastgeber.
Jerewan, das zwei Jahre zuvor Austragungsort war, ist die Hauptstadt von Armenien, dass vom 30. Dezember 1922 zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken gehörte (kurz UdSSR), die auf Beschluss des Obersten Sowjets vom 26. Dezember 1991 aufgelöst wurde. "Das Land war damals also schon selbstständige Republik, diese Olympiade ist damit nicht UdSSR/Russland zuzurechen", argumentiert völlig richtig Thorsten Hapke aus Hemmingen. Bleibt abschließend zu bemerken, dass Deutschland in diesem Jahr seine Führung in dieser Rangliste durch den Austragungsort Dresden ausbauen wird. Und was die Russen angeht, die 2010 den Zuschlag für die westsibirische Stadt Chanty-Mansijsk erhalten haben, wo kürzlich der Weltcup stattfand, der mit einen grandiosen Comeback-Erfolg von Gata Kamsky endete, so werden sie erst dann mit Jugoslawien gleich ziehen können... Eine neue Frage zur dreizehnten Etappe gibt es bereits wieder am Mittwoch, 16. Januar hier auf http://www.schachbund.de
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