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Ausbildung Wissenschaftspreis Schach verliehen
Ausbildung

17.07.2007

Der mit 1.000 EUR dotierte erste Wissenschaftspreis Schach geht an Dr. Roland Grabner aus Graz für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Expertise- und Intelligenzforschung in der Domäne Schach.

Mit dem Wissenschaftspreis der Karpow-Schachakademie Hockenheim wurde 2006/2007 erstmals ein Wissenschaftspreis ausgelobt, der aus der Fülle an wissenschaftlich fundierten Arbeiten zum Thema Schach aus allen Fachgebieten eine Arbeit besonders herausstellt. Ein Preis, der sich nicht nur auf ein Wissenschaftsgebiet beschränkt, sondern umfassend ist. Entsprechend setzte sich das Auswahlgremium aus Schach spielenden Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen zusammen.

13 Arbeiten aus den Jahren 2003 bis 2006, in der Regel Magister-, Diplom- und Doktorarbeiten, aber auch wissenschaftliche Veröffentlichungen aus Deutschland und Österreich gingen bei der Karpow-Schachakademie ein. Die Arbeiten stammten aus so unterschiedlichen Gebieten wie Betriebswirtschaftslehre, Kommunikationswissenschaften, Historik, Kunst, Mathematik, Journalistik, Computerwissenschaften, Sportwissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Psychologie.


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Roland Grabner hat mit seiner Arbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz promoviert und ist zurzeit an der ETH Zürich tätig. Seine Arbeit wurde mehrfach publiziert und leistet einen bedeutenden Beitrag zu den beiden Teilgebieten der Psychologie. Laudator der Arbeit ist Prof. Dr. Jochen Musch, der am Institut für Experimentelle Psychologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf lehrt.


Nach Professor Musch „ragt unter den eingereichten Arbeiten, die die Vielfalt und Tiefe wissenschaftlicher Herangehensweisen an das königliche Spiel eindrucksvoll unterstreichen, Grabners Arbeit in besonderer Weise hervor“. Seine Arbeit trägt den Titel: „Eine psychometrische, behaviorale, und neurophysiologische Untersuchung von Expertise, Intelligenz und neuronaler Effizienz im Turnierschach“.


Prof. Musch: „Nach Studium der Psychologie in Graz (1996 – 2002) hat Roland Grabner mit der jetzt preisgekrönten Arbeit 2005 mit summa cum laude promoviert. Er hat am Grazer Institut für Psychologie bei Prof. Aljoscha Neubauer gearbeitet. Zusammen mit ihm und Prof. Elsbeth Stern von der ETH Zürich hat er seine Arbeiten auch publiziert. In ihnen setzt Grabner eine lange Tradition psychologischer Untersuchungen zum Schachspiel fort, die zumindest bis 1894 zurückreicht, als Alfred Binet - der Autor des ersten Intelligenztests - eine Untersuchung über Blindschachspieler veröffentlichte, von deren Leistungen sich Binet stark beeindruckt zeigte.


Einen Schwerpunkt der Untersuchungen von Grabner bildet entsprechend dieser Tradition die Frage nach dem Zusammenhang von Intelligenz und Spielstärke im Schach. Ein solcher Zusammenhang wurde bislang häufig vermutet und oft sogar für offensichtlich gehalten; deutlich wird dies beispielsweise in den Worten Goethes: „Fürwahr, dies Spiel ist ein Probierstein des Gehirns“. Bemerkenswerterweise waren es jedoch häufig Schachspieler, die dies ganz anders sahen. So ist von Weltmeister Capablanca die Einschätzung überliefert, dass Schachspielen überhaupt keine Intelligenz erfordere. In Übereinstimmung damit fanden Djakow, Petrowski und Rudik bei acht Teilnehmern des Moskauer Großmeisterturniers von 1925 tatsächlich keine Hinweise auf eine überdurchschnittliche Intelligenz.


Wie Grabner in seiner Arbeit jedoch darlegt, sind die bisherigen Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Intelligenz und Spielstärke aufgrund methodischer Schwächen nur mit Einschränkungen interpretierbar. So wurde der Zusammenhang zwar in Deutschland im Jahr 1987 von Doll und Mayr erstmals systematisch untersucht. Dabei wurden für Spieler der ersten Bundesliga leicht überdurchschnittliche Intelligenzwerte (von im Mittel 107) im Berliner Intelligenzstrukturtest beobachtet; einen zufallskritisch absicherbaren Zusammenhang zwischen der Intelligenz und der ELO-Zahl fand sich jedoch nicht. Allerdings untersuchten die Autoren ausschließlich Spieler in einem relativ engen Spielstärkebereich zwischen ELO 2220 und 2425, was einen möglichen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Spielstärke maskiert haben könnte. Roland Grabner hat deshalb nun erstmals einen sehr viel größeren Spielstärkebereich untersucht; die Spielstärke der Teilnehmer seiner Studie lag zwischen 1311 und 2387. Für diese Stichprobe konnte ein statistisch bedeutsamer Zusammenhang zwischen der Intelligenz und der Spielstärke nachgewiesen werden.

 

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Allerdings fiel dieser Zusammenhang nicht sehr stark aus. … 12% der Varianz der Spielstärke [lassen sich] durch die Intelligenz der Spieler erklären. Starke Turnierspieler waren im Mittel zwar etwas intelligenter als ihre weniger spielstarken Kollegen; aber bereits für Spieler mit einem verbalen und numerischen IQ von nur 85 bis 90 Punkten - was deutlich unter dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt - waren Spielstärken von immerhin 2000 ELO-Punkten erreichbar. Spielstärken von über 2200 ELO-Punkten waren Spielern ab einem IQ von 110 vorbehalten. Das entspricht einem Intelligenzniveau, das von den meisten Personen mit einem Universitätsabschluss erreicht wird. Bei den besten Schachspielern handelt es sich demnach um Personen mit einer zwar leicht über dem Mittelwert der allgemeinen Bevölkerung liegenden, aber durchaus nicht ungewöhnlichen oder gar überragenden Intelligenz.


Während eine hohe Intelligenz also keine notwendige Bedingung für eine hohe Spielstärke im Schach zu sein scheint, kommt intensivem Training und einer zeitlich ausgedehnten Beschäftigung mit dem Spiel offenbar erhebliche Bedeutung zu. Die erreichte Spielstärke war in den Untersuchungen von Roland Grabner nämlich umso höher, je früher die untersuchten Personen das Schachspielen erlernten. Dabei erwies sich ein möglichst früher Zeitpunkt der ersten Klubmitgliedschaft und die aktive Teilnahme an Schachturnieren als noch wichtiger als ein frühes Erlernen des Schachspiels selbst.


Diese Ergebnisse stehen in völliger Übereinstimmung mit einem zentralen Ergebnis der neueren Expertiseforschung, das in analoger Weise auch für viele andere anspruchsvolle Tätigkeiten wie beispielsweise das Erlernen eines Musikinstruments zu gelten scheint. Erfolge fallen demnach nicht vom Himmel; wer in einer schwierigen Domäne Expertenstatus erlangen möchte, muss hierfür in aller Regel zunächst einmal zehn Jahre lang intensiv trainieren. So begannen in der Untersuchung von Roland Grabner Spieler mit einer später erreichten Spielstärke von über 2200 ELO-Punkten durchschnittlich bereits im Alter von 10 Jahren regelmäßig Schach zu spielen, und sie waren im Mittel bereits im Alter von 12 Jahren erstmals einem Schachklub beigetreten. Die bemerkenswerte Tatsache, dass vereinzelt einige nicht sehr viel ältere Jugendliche sogar schon zu Großmeisterehren gekommen sind, steht dabei zu der ehernen 10-Jahres-Regel der Expertiseforschung keineswegs im Widerspruch; denn wer wie beispielsweise die Junggroßmeister Sergej Karjakin und Magnus Carlsen das Schachspiel bereits im Alter von 5 Jahren erlernt hat, kann auch als Teenager schon eine ganze Dekade intensiven Trainings hinter sich gebracht haben.


Dass sich die Wirkung solch langjährigen Trainings allerdings nur sehr gegenstandsspezifisch auswirkt, belegten bereits Beobachtungen, die der holländische Psychologe de Groot - als Mitglied der holländischen Nationalmannschaft - 1939 auf einer Schiffsreise zur Schacholympiade in Buenos Aires machte. Während dieser Fahrt stellte de Groot erstmals fest, dass mitreisende Meisterspieler wie Euwe und Aljechin nach nur fünfsekündiger Betrachtung in der Lage waren, dargebotene Stellungen nahezu fehlerfrei aus dem Gedächtnis zu reproduzieren. Diese erstaunliche Fähigkeit war jedoch auf solche Stellungen beschränkt, die tatsächlichen Partien entstammten; bei rein zufällig zusammengewürfelten, chaotischen Stellungen verschwand der Gedächtnisvorteil der Schachexperten. Von einer generell überlegenen Merkfähigkeit konnte also keine Rede sein.

 

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Diese Ergebnisse legen ebenso wie die jetzt von Roland Grabner berichteten nahe, dass für eine hohe Spielstärke im Schach in allererster Linie schachspezifische Fähigkeiten entscheidend sind, und nicht eine allgemeine kognitive Überlegenheit. Die Expertise im Schachspiel hängt offenbar nicht vorwiegend von der Intelligenz ab, sondern ist in erster Linie das Resultat intensiven Übens und einer aktiven und lang anhaltenden Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand. Während dabei eine niedrige Intelligenz durch Vorwissen, Übung und Erfahrung kompensierbar ist, kann eine hohe Intelligenz fehlendes Wissen nicht ersetzen; Übung ist es, die den Meister macht.


Dass das erforderliche lang anhaltende Training nicht ohne Wirkung auf das Gehirn selbst bleibt, konnte Roland Grabner in seiner Arbeit ebenfalls nachweisen. Mit Hilfe der Elektroenzephalographie gelang es ihm zu zeigen, dass unterschiedlich starke Spieler beim Lösen von Schachaufgaben unterschiedliche Gehirnregionen in Anspruch nehmen. Die besten Schachspieler bearbeiten Schachaufgaben überwiegend im hinteren Teil des Cortex, der Hirnrinde. Von dieser Region ist bekannt, dass sie beim Rückgriff auf durch jahrelanges Training erworbenes Erfahrungswissen von Bedeutung ist. Schlechtere Schachspieler verwenden hingegen vor allem das Vorderhirn, das für neuartige Aufgabenstellungen spezialisiert ist, und zeigen ein insgesamt weniger fokussiertes Aktivierungsmuster. Roland Grabner gelang es also nachzuweisen, dass sich infolge jahrelanger Lern- und Übungsprozesse die Aktivierungsmuster der Gehirne von Schachspielern verändern und dadurch eine effizientere Verarbeitung von schachbezogener Information ermöglichen.


Es zeichnet die breit angelegte Arbeit von Roland Grabner aus, dass er neben verschiedenen Aspekten der kognitiven Leistungsfähigkeit von Schachspielern auch deren Persönlichkeitsstruktur untersucht hat. Hinweise auf eine typische Schachspielerpersönlichkeit fand er dabei jedoch nicht; vielmehr fanden sich ganz unterschiedliche Wesenszüge bei den untersuchten Probanden. Nur ein Persönlichkeitsmerkmal war den meisten Schachspielern gemeinsam und unterschied diese von der allgemeinen Bevölkerung; nämlich die Fähigkeit, die eigenen Emotionen zu kontrollieren und nicht nach außen hin sichtbar werden zu lassen. Diese Fähigkeit erwies sich sogar als in statistisch bedeutsamer Weise mit der Spielstärke assoziiert.


Neben der Fähigkeit zur Emotionskontrolle ging auch noch die schachbezogene Leistungsmotivation mit einer hohen Spielstärke einher. Andere Persönlichkeitsmerkmale wie Extraversion, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit wiesen jedoch keinerlei Beziehung zur Spielstärke im Schach auf.“

Professor Musch schließt seine Laudatio mit: „Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Roland Grabner in seiner hier aufgrund ihrer Komplexität nur skizzenhaft zusammenfassbaren Arbeit das Methodenarsenal der kognitiven Psychologie in vorbildlicher Weise mit Untersuchungsansätzen der differentiellen und der Neuropsychologie verknüpft hat. Seine Arbeit leistet einen bedeutenden Beitrag zu gleich zwei Themenfeldern, die für die Schachpsychologie von zentraler Bedeutung sind: der Expertise- und der Intelligenzforschung. Dass die durchgeführten Untersuchungen höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden, wird durch ihre zwischenzeitliche Veröffentlichung in zwei international hochrangigen Fachzeitschriften belegt. Die Arbeit von Roland Grabner genügt damit in besonderer Weise den Kriterien für den Wissenschaftspreis der Karpow-Schachakademie Hockenheim, die sich deshalb freut, ihm ihren erstmals ausgeschriebenen, mit 1.000 Euro dotierten Preis für die beste wissenschaftliche Arbeit zum Thema Schach zuzuerkennen.“


Dr. Roland Grabner hat die wesentlichen Erkenntnisse seiner Arbeit in einem Kurzvortrag zusammengetragen, der auf der Homepage www.schachakademie-hockenheim.de unter „Wissenschaftspreis 2007“ oder direkt unter http://www.gkl.bsv-schach.de/wip-leittext.pdf als kostenfreier Download hinterlegt ist.


Der Wissenschaftspreis wird auf einer Schachveranstaltung im laufenden Jahr überreicht. Ort und Zeitpunkt stehen derzeit noch nicht fest.


Die Karpow-Schachakademie Hockenheim e.V. versteht sich als Kompetenzzentrum Schach. Ziel der Akademie ist zum einen die wissenschaftliche Forschung im Themenbereich Schach, zum anderen Training und Trainingsausbildung, zum Beispiel für die Jugendolympiamannschaft des Deutschen Schachbundes. Der dritte Bereich sind Veranstaltungen von regionalem, nationalem und internationalem Charakter.

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Veröffentlicht von Klaus-Jörg Lais



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