Sportgegner glauben sich auf Churchill berufen zu können, wenn sie dessen vorgeblichen Spruch „No sports“ als unangreifbare Wahrheit in die Debatte werfen. Der große Staatsmann aus dem Mutterland des modernen Sports, der korpulent war, sich dem Zigarrenrauchen und Whiskytrinken hingab, dient sozusagen als die Autorität gegen Sporttreiben. Doch wie für viele tradierte Zitate gibt es dafür keinen Nachweis, im Gegenteil: die Boxen, Fechten, Schwimmen und Polo umfassende Sportkarriere des jungen Churchills ist längst handfest dokumentiert, indes wenig wahrgenommen.

Dieser Mangel hat den Ehrenvorsitzenden des Deutschen Ruderverbandes, Henrik Lotz, sozusagen umgetrieben. Er ging zu den Quellen, zum Churchill Archives Centre im Churchill College in Cambridge. Und neben aufschlussreichen Auszügen aus der Autobiographie des langjährigen Premiers wird eine Anekdote ins Reich der Märchen verwiesen, als Churchill auf die Aussage Feldmarschall Montgomery „Ich trinke und rauche nicht und bin 100% fit“ geantwortet haben soll „Ich trinke und rauche und bin 200% fit.“ Erstunken und erlogen, sagt Montgomery.

Über „No sports“ urteilt die Churchill-Archivarin Caroline Herbert: „Obwohl oft Versionen dieses Zitats wiedergegeben werden, bin ich nicht in der Lage zu bestätigen, dass Churchill so etwas geäußert hat. Wenn er jemals gesagt haben sollte, er habe nie Sport betrieben, so muss das als Witz verstanden werden, denn das steht in offensichtlichem Widerspruch zu seinem Leben.“

Doch gegen dummes Nachschwätzen von Legenden scheint kein Kraut gewachsen. So werden wir weiterhin mit vorgeblichen Churchill-Zitaten konfrontiert, obwohl die Wahrheit aus Churchills eigener Erfahrung lautet: „No sports NO!“ Oder ein echtes Churchill-Wort: „Keine Stunde, die man mit Sport verbringt, ist verloren.“

Dr. Hans-Dieter Krebs aus: Texte DOSB Presse Nr. 26/2007