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Ausbildung Kindergartenschach total
Ausbildung

07.12.2006
"Schlaraffenland Mannheim"

Könnte man denken. Aber weder dem Reporter noch dem Portraitierten fallen die gebratenen Tauben in den Mund. Das Recherchieren ist manchmal schwieriger als das Artikelschreiben. Auch Uwe Brandenburger, Jugendturnierleiter Baden, ist die Sache nicht in den Schoß gefallen.

Zur Vorgeschichte: Ursprünglich habe ich mich mit ihm, den ich bei einem Fide-Seminar in Berlin kennen lernte, Anfang Juni treffen wollen. Der Termin platzte. Ich musste von vorne anfangen, über die "Aktion Mensch", Dr. Markus Keller und andere. Was war los, was hatte ich verbrochen? Weshalb war er eingeschnappt? Nach vielen Versuchen stellte sich das Missverständnis heraus: Er war im Stress. Umzug, zeitweiliger Ausfall des Computers, Vertragsverhandlungen.

So kommt es erst im November zu einem Arrangement. Ein Netzwerk von, sage und schreibe, 8 – 9 Kindergärten hat sich der jugendliche, alerte Mann (Jahrgang 1978) in den letzten Jahren zusammengebaut und betreut sie geflissentlich. ...

Ich habe Ähnliches in meiner Kleinstadt versucht. Ohne Erfolg. Drei Kindergärten angeschrieben. Vergeblich, keine Reaktion oder doch die: Stören Sie unsere Kreise nicht. Wie schafft das der Typ in Mannheim? Das interessiert mich, das muss ich mir vor Ort genau anschauen.

Wir treffen uns am Bahnhof zum Frühstück. Er schüttet mir zur Begrüßung Kaffee übers Hosenbein. Und dann geht's los. Er packt Demobretter, Rucksack mit akribisch geführten Unterlagen, Materialtasche in den Kofferraum seines Autos. Ein ambulantes Büro, ein reisender Zeugwart. Montag, sein Hauptkampftag heute. Geschlagene neun Stunden! Das muss man sich vorstellen. Bundesweit ein ziemlich einmaliges Projekt. Wobei es konträre Ansichten gibt: keine frühen Jahrgänge erfassen, wie es Turner, Tennisspieler und andere vorsehen, bringt nichts. Mit den Schülern der 3. und 4. Grundschulklasse lässt sich am besten arbeiten, sie holen im Tempo den Entwicklungsrückstand locker auf und sind die aufgeschlossensten Teilnehmer.

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Reicht nicht ganz zum Demobrett. Uwe Brandenburger hilft nach


Von solchen theoretischen Diskussionen lässt sich der ehemalige BWL-Student nicht anfechten. Er hat sich in wenigen Jahren ein Kindergarten-Netzwerk aufgebaut und bedient es sorgfältig. Dabei kommt ihm seine leutselige, aufgeschlossene Art und sein freundlicher,  bestimmter Auftritt zugute. Unterstützt wird er von seinem Verein SK Mannheim-Lindenhof 1865 ebenso wie von dessen Geschäftsführer Dr. Markus Keller, der sich um Sponsoren bemüht.

Brandenburger verhandelt mit jedem Kindergarten jedes Jahr aufs neue. "Ich muss mich immer beweisen." Das Sportamt unterstützt ihn finanziell, das Jugendamt dient lediglich mit Kindergarten-Listen. Die Eltern bezahlen 5 € pro Stunde, 20 € im Monat, wenn Gruppen von mindestens 8 Kindern gebildet werden können. Sollten die nicht erreicht werden, springt zu 50 % der Verein Mannheim-Lindenhof, zu 50 % die "Aktion Mensch" ein. Die Stadt Mannheim (Sportamt) kümmert sich um sozial schwache Kindergärten.

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Reporter Axel Dohms im 'Selbstversuch'

Drei Gruppen betreut er im Epiphanias-Kindergarten am Vormittag: die unter 4 Jahren, die über 4 Jahren und die im Vorschulalter. Ich treffe dort die Leiterin, Frau Erenski, die den Schachlehrer in den höchsten Tönen lobt: "Ich war 2004 bei der Frage: Soll ich Englischunterricht anbieten? Gebremste Euphorie; in dem Moment kam Herr Brandenburger mit seinem Schachangebot. Mit allen Gremien wurde es kurzfristig abgesprochen und sehr schnell umgesetzt. Ist reibungslos über die Bühne gegangen. Ich habe die Entscheidung bis heute nicht bereut. Die Resonanz der Eltern ist sehr gut. Er hat aus eigenen Stücken ein Kindergarten-Diplom eingeführt, das sehr gut angenommen wurde." – "Haben Sie Kontakt zu anderen Kindergärten mit ähnlichen Erfahrungen?" – "Wir wissen voneinander, haben uns aber über spezielle Erfahrungen noch nicht ausgetauscht. Drei bis vier Jahre weiter wird das sicherlich der Fall sein."

Er kommt ohne allen Hokuspokus aus, bringt sein Demobrett mit und fragt die nicht immer vollzähligen Gruppen nach ihren Kenntnissen ab: Wie zieht der Läufer? Wie der Turm? Er besetzt die Felder mit Magneten und bittet die Kinder, diese Linien / Reihen zu ergänzen. Das klappt wie am Schnürchen. Zur Belohnung dürfen sie eine Partie spielen. Mit Brett-Drehen anschließend und Revanchekampf. Danach Aufbau der Ausgangsstellung – Disziplin muss sein – Händeschütteln der Kontrahenten und ab mit den Figuren in den Kasten.

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Wer diese Kids später im Schulschach unterrichtet, wird erstaunt sein

Mit der nächsten Gruppe, die im Schach weiter ist, arbeitet er nicht am Demobrett, sondern mit Lösungsblättern. Blockierte Bauern. Erstaunlich, die Kleinen kennen die Begriffe und wenden sie richtig an. Uwe Brandenburger als Hilfesteller: "Drück mal meine Hand" (geht nicht weiter), "das ist es, eine blockierte Stellung."

In den Gruppen überwiegen die Jungen, "die Mädchen haben wir herausgenommen", so Uwe Brandenburger, "sie werden häufig überrannt." Ich komme mir mittlerweile wie ein deplazierter Schulinspektor vor und erzähle ihm zwischendurch, dass ich bass erstaunt bin, dass eine solche sachliche Schachvermittlung gut ankommt bei den Kleinen. "Ich hätte mir eher eine andere Art vorgestellt: Malen und Kleben von Schachfiguren, Pantomime nach dem Muster 'König, wie viel Schritte darf ich tun', Entdecken von Schachmustern in der Natur und im Alltag." Seine Antwort: "Das war zunächst auch mein Ansatz. Den habe ich mir schnell abgeschminkt. Die Eltern bezahlen Geld für den Kurs und wollen Erfolge sehen, wenn ihre Kinder nach Hause kommen und vom Schach berichten. Ich wäre in gehörige Erklärungsnot gekommen."

Nach drei Stunden ist der Vormittag souverän erledigt. In der Mittagspause fährt U. B. nicht als Pizza-Bäcker, sondern als Schach-Taxi zu einer Grundschule, wo er ein Mädchen und einen Jungen aufgabelt, deren Mutter auf dem Fahrrad vorweg fährt und denen er anschließend im Wohnzimmer Privatunterricht erteilt. "Die Eltern haben mich darum gebeten." – "Matt in einem Zug", "En passant-Regel." Zum Abschluss eine Trainingspartie.

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Auf geht's

Er fährt mich danach durch Mannheim zum Kindergarten "Am Aubuckl", sechs Straßen von Epiphanias entfernt und kurz nach der Mittagspause geht es zum nächsten Kindergarten. Wieder drei Gruppen, zum Teil vorbei an schlafenden Kindern in einem Turnsaal in einen rückwärtigen Raum. Die jüngeren, gewitzteren Teilnehmer sind hellauf begeistert und bei demselben Programm wie am Vormittag weitaus konzentrierter bei der Sache. Fotos werden geschossen.

Zum Tagesabschluss geht es von 16 Uhr bis 17 Uhr 30 in die Kinderakademie Mannheim, wo hochbegabte Schüler an einem Schachkurs teilnehmen. 12 an der Zahl. Sie sind mit den Grundbegriffen und –kenntnissen des Schachspiels vertraut. "U.B" zieht spürbar das Tempo an. Dompteur einer Klasse, die er vor einer Woche übernommen hat und die als rabaukenhaft galt. Sein Kommentar: "Es gibt die pflegeleichten Anfänger, die Fortgeschrittenen und die Gruppe, die ich zugeteilt bekam." Da muss man sich durchsetzen. Er macht das gut; er lässt im Kommandoton keine Ablenkungen und Abschweifungen zu. "Darauf habe ich mich vorbereitet." Die Kinder sind handzahm und folgsam. Bekommen jedoch nicht, wie die Gruppe zuvor, "Gerris Game" auf dem Laptop zu sehen. Ein vergnüglicher, vierminütiger Film über jemanden, der gegen sich selbst Schach spielt. Die 4jährigen haben herzlich darüber gelacht und konnten nicht genug davon kriegen.

Die anderen Tage sind für Uwe Brandenburger weitaus weniger anstrengend, zwei Stunden im Schnitt. Er packt seine Sachen, Laptop, Rucksack mit Unterlagen, Tragetasche mit Schachmaterial und Demobrettern, wieder in den Kofferraum seines PKW. "Bis demnächst, Axel." – "Ganz bestimmt, Uwe." Ein toller Tag, ein tolles Erlebnis.

Axel Dohms
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Veröffentlicht von Klaus-Jörg Lais



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