Thomas Luther zu seinem Sieg bei der deutschen Einzelmeisterschaft 2006 in Osterburg, Sachsen-Anhalt.


Thomas, ganz herzlichen Glückwunsch zu Ihrem dritten deutschen Meistertitel!

(lacht erfreut) Vielen Dank!

Das war ja eine wechte Zielfoto-Entscheidung heute!

Das kann man sagen, ja.

Als Sie heute mit Ihrer Partie fertig waren, war das nicht grausam für Sie, diese Anspannung? Ich meine, zu beobachten, wie Leonid Kritz gegen Artur Jussupow spielt und Vitaly Kunin gegen Thomas Henrichs.... und man kann nicht mehr eingreifen?!

Ich hab mir das gar nicht angeschaut. Wissen Sie, das macht auch gar keinen Sinn. Ich kann das eh nicht beeinflussen... was ich tun konnte, das hab ich getan und danach bin ich aus dem Spielsaal gegangen. Ich muss auch sagen: So wie es gelaufen ist, war es wirklich auch glücklich für mich.

Das finde ich nicht. Sie haben sich die ganze Zeit über konstant in der Spitzengruppe aufgehalten und irgendwer musste es ja werden, ein anderer hätte das auch nicht mehr verdient.

Danke! (lacht).

Wir hatten uns ja zwischen den Tagen mal unterhalten, auch da waren Sie recht zuversichtlich, dass noch nichts entschieden ist.

Das ist ja oft eine Millimeterentscheidung, die letzte Runde ist extrem wichtig. Und das hätte auch anders kommen können. Aber unabhängig vom Meistertitel bich ich eigentlich recht zufrieden. mit 6,5 Punkten aus 9 gegen diesen Gegnerschnitt - das ist in Ordnung.

Ich hatte ja das Glück, die ganze Woche hier das Tunrier vor Ort zu beobachten. Oft fiel mir Ihre extreme Anspannung auf, als Sie auf absolute Ruhe rund um das Brett bestanden.

Ja, ich hoffe auch sehr, ich hab da niemandem "auf den Schlips getreten". Wissen Sie, ich habe auch die Erfahrung gemacht: Wenn man sich ärgert, ist es besser sich gleich Luft zu machen, anstatt das über lange Zeit in die Partie mitzunehmen. Deswegen sage ich oft mal was, aber für mich ist das dann auch sofort wieder vergessen und erledigt.

Kommt das in einer bestimmten Partiephase öfter vor?

Besonders zu Anfang brauche ich absolute Konzentration, da bin ich für Störungen eher anfällig, als später.

Gestern hatten wir eine ganz besonders spannende Situation. Mit einem Gewinn am dritten Brett hätten Sie bereits ganz vorne stehen können. Sie sind aber analog den beiden anderen Partien an Eins und Zwei auch mit einer frühen Punkteteilung aus dem Saal.

Ja, das stimmt. In dem Moment war das für mich auch völlig in Ordnung. Gegen Michael Prusikin habe ich keinen besonders guten Score und ich hatte zu dem Zeitpunkt auch nicht darauf geachtet, ob die anderen auch remisierten.

Sie haben das völlig isoliert betrachtet?

Man kriegt das schon mit, was an den anderen Brettern passiert, aber für das spezielle, einzelne Ergebnis war das Unentschieden in Ordnung. Aber Sie haben für die Turniersituation schon recht. Alle haben da vorne etwas rumgepokert, haben sich bedeckt gehalten.

Und da haben Sie mitgepokert?

Nein, ich war wirklich froh über dieses Remis, ein Resultat, das mir für die letzte Runde alles offen lässt. Ich hatte gegen Prusikin einen schweren Stand. Für die anderen Punkteteilungen kann ich ja nicht reden. Hinzu kommt, dass ich mir gestern abend auch nicht wirklich Chancen auf den Sieg ausgerechnet hatte. ich kannte ja nicht mal die Auslosung zur neunten Runde, das kam ja später.

Über das Turnier gesehen fiel auf: Stabile Leistungen von Kritz und Khenkin, Kunin und Henrichs. Etwas wechselhafte Stärken und Schwächen bei Graf und Jussupow und ein paar sehr starke junge Talente. Was ist Ihnen persönlich noch aufgefallen?

Schach hat nunmal eine sportliche Komponente und gerade junge und jugendliche Spieler haben oft den Vorteil, dass sie in bestimmten Situationen konzentrierter sind. Wir Älteren gleichen das durch Erfahrung aus und auf das Turnier gesehen, kommen so immer wieder ungewöhnliche Situationen zustande.

Letztendlich sind trotz Sports, indem ja meist nur die Leistung zählt, eben doch viele glückliche Faktoren dabei, denken wir an die Feinwertung!

Ja, da haben Sie recht, das ist tatsächlich auch nochmal ein unberechenbarer Faktor, wenn es gilt, durch Zweitwertung zu entscheiden. Hätten wir Sonneborn-Berger oder Buchholz würde es wieder anders aussehen, aber durch den Schnitt meiner Gegnerschaft hat es gereicht. Rein administrative, zufällige Festlegung.

Zum wievielten Mal sind Sie dabei?

(lacht nachdenklich)... Das kann ich eigentlich gar nicht sagen, warten Sie... 1993 war ich zum ersten Mal dabei und gewann gleich.. und dann war ich fast immer dabei... muss ich selbst nachsehen! Und einmal 1989 die DDR-Meisterschaft, da bin ich Zweiter geworden.

Aber Ihre Siege kennen Sie noch!

Ja, natürlich! 1993, 2002 und nun zum dritten Mal.

Wie gehts nun weiter?

Mein nächstes Turnier fängt gleich nächsten Sonnabend an - in Cappelle Grande, Frankreich. Das ist das größte Open Westeuropas.

Lieber Thomas Luther, dafür wünsche ich Ihnen viel Erfolg und nochmals herzliche Glückwünsche zu Ihrer dritten Meisterschaft!

Vielen Dank!

Na denn - auf Ihr Wohl!

Prost!