"Stimmt, ich bin enttäuscht", räumte Alexander Grischuk mit einem Lächeln ein. Der Russe wurde bei der Pressekonferenz nach dem dritten Tag der Schnellschach-WM ironisch gefragt, ob er "mächtig enttäuscht" sei. Schließlich habe er heute in seinen sieben Partien doch tatsächlich ein Remis abgegeben - wenn auch gegen Viswanathan Anand. Der Weltranglistenerste durchbrach die Serie Grischuks, der beim Ordix Open fünf Partien in Folge gewonnen hatte. "Die erste war dabei die schwerste", befand der Russe mit Blick auf den 127-zügigen Erfolg über den 14-jährigen Saarbrücker Reinhold Müller. Zur Teilnahme hatte sich Grischuk am Morgen spontan entschlossen. "Ich dachte, der Tag würde zu langweilig werden, wenn ich nur auf den Beginn des Zweikampfs warte", begründete der Moskauer, dass er keine Trübsal angesichts des 0,5:3,5-Rückstands blasen wollte. Die fünf Partien im Ordix Open kosteten zwar Kraft – bescherten Grischuk allerdings auch "nach drei Monaten ohne Turnier und Sieg wieder ein Gefühl dafür, wie man eine Partie gewinnt". Das gelang ihm dann sogar gegen den Weltranglistenersten!
Die fünfte Begegnung der GrenkeLeasing Championship war die bisher langweiligste. Nach 22 Zügen waren sich die beiden Großmeister einig, dass sich das Unentschieden kaum abwenden lässt. Anand hatte auch deswegen nichts dagegen einzuwenden, weil er somit 4:1 in Führung ging. Nur noch ein Remis fehlt dem siebenmaligen Mainz-Sieger zum achten Erfolg. Das blieb ihm jedoch im sechsten Durchgang verwehrt. "Das war eine der Partien, die nicht passieren sollten, aber gelegentlich doch passieren", meinte der Inder. Zunächst ließ er den weißfeldrigen Läufer des Schwarzen leicht ins Spiel kommen und opferte den c2-Bauer. Dass er sich auch in der Folge zu wenig ans Material klammerte, wurde Anand zum Verhängnis.
Grischuk schnappte sich einen zweiten Bauern und verwertete diesen sicher zu seinem ersten Sieg gegen den Schnellschach-Weltmeister. Anand wirkte trotz der Niederlage in 49 Zügen sehr gelassen. Ein Remis aus zwei Begegnungen sollte er am Sonntag allemal holen, um den Titel in der Mainzer Rheingoldhalle zu verteidigen.
Swidler vollstreckt zum 4:2 Almasi kostet erneute Zeitnot Gegenchancen
Peter Swidler dürfte ein weiteres Jahr Chess960-Weltmeister bleiben. Der St. Petersburger baute am dritten Tag seinen Vorsprung auf 4:2 aus. Zunächst befand sich der Titelverteidiger aber wieder gegen Zoltan Almasi in Schwierigkeiten. Die symmetrische Position ergab zunächst nicht viel für Weiß. "Dann misshandelte ich sie. Und mein Bauernopfer war nicht so vielversprechend, wie ich dachte", räumte Swidler ein.
In der Schlussstellung sei er etwas schlechter gestanden, urteilte der 28-Jährige. Sein ein paar Monate älterer Widersacher akzeptierte dennoch die Remisofferte - der lieben Zeitnot wegen. "Immer die Zeit!", stöhnte Almasi angesichts der verbliebenen knapp 30 Sekunden gegenüber viereinhalb Minuten. Pro ausgeführten Zug gibt es bei der FiNet Chess960-WM aber auch wieder zehn Sekunden dazu.
In der sechsten Partie war Swidler die "andauernde Symmetrie leid" und durchbrach sie auf Teufel komm raus. Zunächst schien dies ein Fehler zu sein. "Mit Läuferpaar und all den Figuren, die auf meine Königsstellung schielten, fürchtete ich ein Matt", gestand der Weltranglistensechste. Erst nach vollbrachtem f4 nebst Se6 sei er "stabil gestanden". Als Almasi die Zeit davonrannte, attackierte plötzlich sein Kontrahent erfolgreich.
Hartmut Metz |