von Ernst Bedau
| Rechtstipps für Vereine |
| Teil 5 - Die persönliche Aufgabenwahrnehmung |
In der Praxis ist es natürlich nicht möglich, dass jedes Vorstandsmitglied
sich um alles kümmert. Bei großen Vereinen und Verbänden gilt das
sogenannte Ressortprinzip. Man kann dies am besten mit dem Bundeskabinett
vergleichen. Hier ist jeder Minister für den Aufgabebereich seines
Ministeriums verantwortlich. Die Gesamtverantwortung liegt allerdings beim
Bundeskanzler und beim Gesamtkabinett.
Wichtig: Trotz der Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren und anderen zu
übertragen, bleibt es immer bei dem Grundsatz der persönlichen
Aufgabenwahrnehmung.
Das bedeutet: Wenn Vorstandsarbeit delegiert wird, besteht zunächst weiterhin
eine Überwachungspflicht der Mitglieder des Vorstands. Ihre persönliche
Haftung bleibt trotz Delegation bestehen.
Beispiel: Der 2. Vorsitzende eines Schachvereins ist intern zuständig
für die Veranstaltung und Ausrichtung von Schachturnieren.
Die Ausrichtung eines Jugendopens überträgt der 2. Vorsitzende zur
eigenverantwortlichen Durchführung dem Jugendleiter des Vereins. Der
Jugendleiter versäumt es, für Teilnehmer des Jugendturniers, die nicht in
einem Verein organisiert sind, Versicherungsschutz herzustellen. Ein solcher
vereinsloser jugendlicher Turnierteilnehmer erleidet einen Schaden. Mangels
Versicherungsschutz wird dieser Schaden von der Versicherung nicht übernommen.
Der geschädigte Jugendliche macht den Jugendleiter als Verantwortlichen, aber
auch den 2. Vorsitzenden und den Verein haftbar.
Ergebnis: Haftpflichtig sind der Verein, der Jugendleiter und auch der
2. Vorsitzende.
(Fortsetzung folgt)
| Teil 4 - Aufgaben des Vorstands |
Der Vorstand vertritt den
Verein nicht nur gerichtlich und außergerichtlich. Der Vorstand gemäß § 26
BGB ist das Geschäftsführungsorgan des Vereins. Zu der Geschäftsführung
eines Vereins gehören alle Handlungen, die nach dem Vereinszweck notwendig
sind und eine Grundlage entweder im Gesetz oder in den Ordnungen des Vereins
oder nach Notwendigkeit finden. Es gilt der Grundsatz der persönlichen
Aufgabenwahrnehmung (§ 664 Abs. 1 S. 1 BGB).
(Fortsetzung folgt)
| Teil 3 - Wiederholung zur Rechtsnatur des Vorstands |
Hier noch einmal die wichtigsten Punkte, auf die man bei der Vorstandsarbeit
achten sollte:
- Der Verein sollte genau in der Satzung regeln, wer wirklich Vertreter des Vereins, also Vorstand, im Sinne des BGB ist. Die Zahl dieser Vorstandsmitglieder sollte gering gehalten werden.
- Man muss das Innenverhältnis vom Außenverhältnis streng unterscheiden:
- Im Innenverhältnis des Vereins gilt das Mehrheitsprinzip. Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit Mehrheit. Diese Beschlüsse sind wirksam.
- Im Außenverhältnis vertritt jedoch jedes Vorstandsmitglied allein den Verein mit Wirkung für den Verein. Solche Vertretungshandlungen sind auch dann wirksam, wenn das Vorstandsmitglied im Außenverhältnis etwas tut, was ihm im Innenverhältnis verboten ist.
- Damit die Vorstandsarbeit nicht durch Pattsituationen blockiert wird, sollte die Satzung klare Regelungen vorsehen, z.B.:
- Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt oder
- bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des 1. Vorsitzenden den Ausschlag.
Für die Haftung im Innenverhältnis ist auch ratsam in der Satzung festzulegen, dass im Regelfall der Verein nur durch den 1. Vorsitzenden vertreten wird und nur im Verhinderungsfall des 1. Vorsitzenden der 2. Vorsitzende tätig wird usw..
(Fortsetzung folgt)
| Teil 2 - Einzelvorstand/Gesamtvorstand |
Gemäß § 26 BGB muss jeder Verein einen Vorstand haben. Der Vorstand
kann aus mehreren Personen bestehen. Die Vertretungsmacht des Vorstandes kann
durch Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden.
Wichtig: Wenn die Vertretungsmacht des Vorstandes nach Außen mit
Wirkung gegenüber Dritten beschränkt werden soll, muss dies in der Satzung
stehen und in das Vereinsregister eingetragen werden (§§ 64 S. 2, 68, 70
BGB). Wenn die Satzung nichts anderes regelt, gilt der Grundsatz der
Gesamtgeschäftsführung, dass heißt, alle Vorstandsmitglieder wirken
gemeinsam an allen Handlungen und Maßnahmen der Geschäftsführung mit und
haften dafür als Gesamtschuldner. In der Praxis hat sich jedoch das
Ressortprinzip durchgesetzt (dazu später).
Wichtig: Man muss Innen- und Außenverhältnis unterscheiden.
Im Innenverhältnis wirken die Mitglieder des Vorstandes gemeinsam. Sie
fassen ihre Beschlüsse per Abstimmung.
Tipp: Der Verein sollte den Vorstand so zusammensetzen, dass
Pattsituationen vermieden werden. Gegebenenfalls entscheidet die Stimme des
Vorsitzenden bei Stimmengleichheit.
Im Außenverhältnis kann jedes Mitglied des Vorstands einzeln den
Verein vertreten, auch wenn ihm dies im Innenverhältnis verboten ist.
Beispiel: Der Vorstand eines Vereins beschließt, bei der örtlichen
Sparkasse keinen Kredit über 10.000 EUR aufzunehmen. Trotzdem setzt sich der
2. Vorsitzende über diesen Beschluss hinweg und nimmt den Kredit auf.
Folge: Der Kredit ist wirksam für den Verein aufgenommen worden.
(Fortsetzung folgt)
| Teil 1 - Der Vereinsvorstand |
Unter Vereinsvorstand wird in der Praxis ein Gremium verstanden.
Diesem gehören in der Regel der 1. Vorsitzende, sein Stellvertreter, der
Kassenwart, der Schriftführer, der Turnierleiter und vielleicht noch weitere
Personen, wie Jugendleiter, Mannschaftsführer, Beisitzer u.s.w., an.
Unter Vorstand im Sinne des Vereinsrechtes versteht man jedoch ein
Satzungsorgan, dass den Verein gerichtlich und außergerichtlich vertritt.
Wer im Sinne des Vereinsrechts Vorstand ist, ergibt sich aus der Satzung. In
der Regel sind dies der 1. Vorsitzende und sein Stellvertreter, der 2.
Vorsitzende. Es können aber weitere Personen hinzu kommen.
Gemäß § 26 BGB vertritt der Vorstand den Verein gerichtlich und
außergerichtlich und hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.
(Fortsetzung folgt)
| April 2004: Steuerabzug für ausländische Profispieler |
Vereine, die einem ausländischen Profischachsportler Leistungen erbringen, müssen Steuerabzug beachten. Dieser Steuerabzug ist vom Verein
vorzunehmen.
- Bei Einnahmen bis 250,00 EUR entfällt der Steuerabzug.
- Bei Einnahmen von 250,00 EUR bis 500,00 EUR beträgt der Steuerabzug 10 %.
- Bei Einnahmen von mehr als 500,00 EUR bis 1.000,00 EUR beträgt der Steuerabzug 15 %.
- Bei Einnahmen über 1.000,00 EUR beträgt der Steuerabzug 20 %.
Die Berechnung für die geringfügigen Inlandseinnahmen gilt für den einzelnen Auftritt pro
Tag. Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug sind die Bruttoeinnahmen einschließlich erstatteter Fahrtkosten, Tage- und Übernachtungsgelder
u.s.w. Man kann den Steuerabzug also nicht umgehen oder vermindern, indem man die Zahlungen an den ausländischen Profisportler als Aufwendungsersatz oder Auslagenerstattung
deklariert. Ein Verein, der diese Steuerabzüge nicht abzieht, einbehält und an das Finanzamt abführt, bleibt dem Finanzamt gegenüber zur Zahlung verpflichtet auch dann, wenn er dem Schachsportler die Beträge voll, dass heißt ohne Abzug, ausbezahlt hat. Diese Regelung gilt also auch z.B. für Honorare eines ausländischen Schachmeisters bei einem Simultanspiel, erst recht natürlich für einen bezahlten Einsatz bei einem
Mannschaftskampf.
Tipp: Es gibt komplizierte Regelungen des sogenannten Entlastungs-, Erstattungs- und Freistellungsverfahrens, auf die hier nicht eingegangen werden
kann.
| Mai 2004: Dringlichkeitsanträge bei Mitgliederversammlungen |
Dringlichkeitsanträge spielen in den Mitgliederversammlungen von Vereinen und Verbänden eine wichtige
Rolle. Der größte Irrtum: Irrigerweise wird oft angenommen, mit entsprechender Mehrheit könnte man im Wege von Dringlichkeitsanträgen alles beschließen, was man nur wolle. Als Argument wird angeführt, die Mitgliederversammlung sei ja das höchste Organ. Folglich könne die Mitgliederversammlung alle Dringlichkeitsanträge zulassen und darüber auch beschließen.
Die ist falsch!!! Zunächst einmal können über Dringlichkeitsanträge keine Satzungsänderungen beschlossen werden. Dies wissen die meisten Vereine. Über Dringlichkeitsanträge können aber auch nicht beschlossen
werden:
- Beitragsfestsetzungen
- Kreditaufnahmen
- sonstige Beschlüsse, die für den Verein von nachhaltiger Bedeutung sind.
Warum sind solche Dringlichkeitsanträge nicht zulässig und entsprechend Beschlüsse unwirksam bzw.
anfechtbar? Grundsätzlich sollen Mitglieder sich auf eine Sitzung vorbereiten können. Das Mitglied ist frei, zu einer Mitgliederversammlung zu kommen oder nicht. Die Entscheidung macht das Mitglied abhängig von der Tagesordnung. Wenn ein Gegenstand nicht auf der Tagesordnung steht, muss das Mitglied nicht befürchten, dass im Wege eines Dringlichkeitsantrages ein neuer Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird und Beschlüsse gefasst
werden. Der Dringlichkeitsantrag ist auch kein Instrument, Versäumnisse bei der Vorbereitung der Mitgliederversammlung nachzuholen. Dringlichkeitsanträge sind grundsätzlich nur zulässig, wenn objektiv keine Möglichkeit bestand, einen Antrag oder ein Beratungsgegenstand rechtzeitig auf die Tagesordnung zu
setzen. Was ist also zu beachten:
- Unzulässig ist grundsätzlich eine Satzungsänderung im Wege eine Dringlichkeitsantrages.
- Wenn bereits ein Gegenstand auf der Tagesordnung steht, sind dazu Abänderungs- oder Ergänzungsanträge entweder kraft Satzung ohnehin oder im Wege eines Dringlichkeitsantrages eher zulässig. Das Vereinsmitglied weiß ja, dass über diesen Punkt gesprochen wird.
- Dringlichkeitsanträge müssen wirklich die Dringlichkeit feststellen. Tipp: Es sollten in der Formulierung des Dringlichkeitsantrages im Protokoll dargelegt werden, warum der Antrag nicht mit der Einladung versandt werden konnte.
- Eine Beschlussfassung im Wege eines Dringlichkeitsantrages ist nicht möglich und nicht zulässig bei gravierenden Beschlüssen.
- Im Zweifel: eine neue, außerordentliche, Mitgliederversammlung einberufen und dann den Tag des Ordnungspunktes in die Form- und Fristgerechte Einladung mit aufnehmen.
Gesetzlicher Hinweis: § 32 BGB
Die Angelegenheit des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der erschienen
Mitglieder. Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.
| Juni 2004: Raubkopien von Schachprogrammen |
Schon seit einiger Zeit ist festzustellen, dass in Schachvereinen Raubkopien von
Schachprogrammen verteilt werden. Zum Teil geschieht dies auch gegen Entgelt.
Es häufen sich auch Fälle, dass Raubkopien von Schachprogrammen im
Internetauktionshaus eBay angeboten werden. Derzeit ermittelt die
Staatsanwaltschaft gegen einen Vorsitzenden eines Schachvereines. Dieser hat
mittlerweile gestanden, erwerbsmäßig Raubkopien von Schach-Softwareprodukten
vertrieben zu haben. Ich kann nur darauf hinweisen, dass das Vertreiben von
Raubkopien strafbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob dafür ein Entgelt
genommen wird oder nicht. Auch die kostenlose Weitergabe ist strafbar. Die
Verantwortlichen müssen jedoch mit hohen Schadensersatzforderungen der
Hersteller solcher Schachprogramme rechnen. Die Herstellung von Raubkopien ist
kein Kavaliersdelikt, sondern eine kriminelle Handlung, die auch zu
Abschreckungszwecken hart bestraft wird.
| Juli 2004: Mitgliederversammlung |
Fragen
und Antworten aus dem Sportrecht und der Sportverwaltung:
Wie sollte die Beratung über Tagesordnungspunkte ablaufen?
Der Versammlungsleiter erteilt das Wort nach Aufruf eines
Tagesordnungspunktes. Die Wortmeldungen sollten grundsätzlich in der
Reihenfolge berücksichtigt werden, wie sie eingegangen sind. Das Aufstellen
einer Rednerliste ist bei einer Vielzahl von Wortmeldungen sinnvoll.
Wie
lange darf ein Mitglied bei einer Versammlung reden?
Gibt es hierzu keine Satzungsbestimmung oder ist dies in einer
Versammlungsordnung nicht geregelt, so kann nur die Mitgliedersammlung mit
einfacher Mehrheit eine allgemeine Begrenzung der Redezeit beschließen.
Kann
einem Redner auch aus anderen Gründen das Wort entzogen werden?
Ja, wenn er bei seinen Ausführungen vom Beratungsgegenstand abschweift.
Der Versammlungsleiter hat zunächst das Recht "zur Sache" zu rufen und
bei Missachtung kann er dann das Wort entziehen.
Bei Beleidigungen, unwichtigen Tatsachenbehauptungen und bei Schmähkritik
kann ebenfalls das Wort entzogen werden.
Kann
ein Mitglied des Saales verwiesen werden?
Ja, wenn ein Mitglied die Versammlung stört. Zuständig ist der
Versammlungsleiter. Der Saalverweis ist das schärfste Mittel, das dem Leiter
zur Verfügung steht. Die Anordnung muss deshalb in Relation zur Verfehlung
eines Mitgliedes stehen. Vor dem Verweis ist grundsätzlich eine Abmahnung
erforderlich. Wird dem Saalverweis nicht Folge geleistet, so begeht der Störer
Hausfriedensbruch (§ 123 StGB).
Ist
das Mitlaufen eines Tonbandes bei einer Mitgliederversammlung erlaubt?
Ja. Der Leiter muss die Anwesenden aber zu Beginn darauf hinweisen,
ebenso, dass Redner für die Dauer ihres Redebeitrages die Unterbrechung der
Aufnahme verlangen können.
Wann
ist die Beschlussfähigkeit gegeben?
Wenn die Satzung eine Mindestzahl von anwesenden Mitgliedern insgesamt oder für
einzelne Abstimmungen (z.B. Satzungsänderungen) verlangt, so muss der
Versammlungsleiter vorher die Beschlussfähigkeit feststellen.
In
welcher Reihenfolge erfolgen die Abstimmungen?
Legt die Satzung die Tagesordnung für eine ordentliche
Mitgliederversammlung fest, so muss in dieser Reihenfolge beraten und
abgestimmt werden. War für die Aufstellung der Tagesordnung lt. Satzung z. B.
der Vorstand zuständig, gilt grundsätzlich die vom Vorstand festgelegte
Reihenfolge. Die Mitgliederversammlung kann hierbei aber mit einfacher
Mehrheit eine andere Reihenfolge beschließen.
Wie
wird abgestimmt, wenn mehrere Anträge zur gleichen Sache vorliegen?
Zunächst ist über den weitest gehenden Antrag abzustimmen.
Beispiel: Es liefen folgende Anträge auf Beitragserhöhung vor:
Antrag 1: Erhöhung von 3,00 EUR auf 3,50 EUR monatlich für
Erwachsene; Antrag 2: Erhöhung von 3,00 EUR auf 4,00 EUR.
Der Antrag 2 ist zuerst zur Abstimmung zu bringen. Bei Annahme des Antrages
wird der 1. Antrag nicht mehr zur Abstimmung gebracht.
Sind
"en-bloc" bzw. "Paketabstimmungen" zulässig?
Nur, wenn die Satzung dies zulässt oder wenn alle Versammlungsteilnehmer
damit einverstanden sind. Fehlt die satzungsgemäße Grundlage, so muss bei
Widerspruch eines Teilnehmers Einzelabstimmung durchgeführt werden.
Wie
muss ein Beschlussantrag formuliert sein?
So, dass er mit ja oder nein entschieden werden kann.
Die
Ausführungen orientieren sich nach einer Veröffentlichung in Pfalzsport
04/2004.
Eine Haftung für diese Auskünfte wird nicht übernommen. Viele Rechtsfragen sind strittig. Zu vielen Fragen gibt es keine oder widersprüchliche Gerichtsentscheidungen. In der Regel liegen höchstrichterliche Entscheidungen nicht vor.