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Das "Offene Team" als Chance für starke "Schach"-Frauen...

von Raymund Stolze

Die erste Frau, die bei der Schacholympiade in einem Männerteam spielte: Chantal Chaudé de Silans aus Frankreich  

Das hatten wir nun wirklich nicht erwartet, denn fast 20 Prozent der eingesandten Lösungen zur Stufe 20 beim Olympia-Quiz waren doch tatsächlich falsch. Woran es gelegen hat, wissen wir nicht, denn ganz Pfiffige wie Sven Helms aus Schwerin, haben einfach mal der Suchmaschine Google vertraut – und siehe da, die spuckt wirklich in Sekundenschnelle die richtige Antwort unter "Erste Frau in einem Männerteam Schach" die richtige Antwort [A] Dubrovnik 1950 aus sowie dazu noch den Namen jener Frau, die wahrlich Schachgeschichte schrieb: Chantal Chaudé de Silans (* 9. März 1919, † 5. Mai 2001) aus Frankreich. So einfach ist das also: Man muss nur wissen, wo einem geholfen wird...

Alexander Frenkel aus München ging auf Nummer sicher, vertraute bei seinen Recherchen auf die Internetseite www.olimpbase.org - und landete ebenfalls einen Treffer: "Mme Chaudé de Silans playing for France was the first even woman to enter men’s competition..." ist dort zu lesen. Und sie hat zudem auch als erste Frau eine Olympia-Partie gewonnen – bekanntlich fand die 1. Schacholympiade der Frauen erst 1957 im niederländischen Emmen statt. Das "Opfer" war übrigens der Holländer Haije Kramer, der einem "vergifteten" Bauern einfach nicht widerstehen konnte...

Chaude de Silans,C. - Kramer,H.
Schacholympiade Dobrovnik 1950
Damenindische Verteidigung [A47]

1.d4 Sf6 2.Sf3 b6 3.g3 Lb7 4.Lg2 c5 5.0–0 cxd4 6.Sxd4 Lxg2 7.Kxg2 g6 8.Sd2 Dc8 9.c3 Db7+ 10.Kg1 Lg7 11.Te1 Sc6 12.e4 0–0 13.Sxc6 dxc6 14.e5 Sd7 15.Sf3 Tad8 16.De2 Sc5 17.Sd4 Td5 18.Lf4 Dc8 19.Tad1 Tfd8 20.h4 Dd7 21.Tc1 Se6 22.Sxe6 Dxe6 23.c4 Td3 24.b3 h5 25.Tc2 Kh7 26.Kg2 Dc8 27.Lg5 De6 28.Lf4 Lh6 29.Lxh6 Kxh6 30.Tb2 T8d4 31.Tc2 c5 32.Tb2 Dc6+ 33.Kg1 e6 34.Tc2 Dd7 35.Kg2 Kg7 36.Tec1 a5 37.Kg1 a4 38.bxa4 Dxa4 39.Kg2 Dd7 40.Kg1 Da4 41.Kg2 Db4 42.Kh2 Td2 43.Df3 Txc2 44.Txc2 De1 45.Te2 Dc1 46.Te3 Dxc4?? [46...Td1 Nach 46...Td1 ist die Stellung völlig ausgeglichen, doch Schwarz labt sich an dem vergifteten Bauern c4 - und hat den Schaden!] 47.Ta3 [47.Df6+ Kg8 48.Ta3 ist noch konsequenter.] 47...Dd5? [47...Txh4+ 48.gxh4 Dxh4+ 49.Kg2 Dg5+ 50.Dg3 De7 verliert sicherlich auch, aber sieht doch noch etwas freundlicher für Schwarz aus.] 48.Df6+ Kg8 49.Ta7 Dd7 50.Ta8+ Schwarz gab auf.

Natürlich war Chantal Chaudé de Silans, die am 1. Reservebrett der Franzosen 1,5 Punkte aus sechs Partien holte, keine Unbekannte – immerhin spielten damals an 1 und 2 der Equipe Tricolore die Doppelspitze Savielly Tartakower und Nicolas Rossolimo. Bereits mit 14 Jahren wurde sie französische Landesmeisterin, nahm aber vor dem Zweiten Weltkrieg nicht an den WM-Turnieren der Frauen teil, die bekanntlich bis 1939 parallel zu den jeweiligen Schacholympiaden am gleichen Veranstaltungsort ausgetragen wurden und alle von Vera Menchik (* 16 Februar 1906, † 27. Juni 1944) gewonnen wurden. Ob die erste Weltmeisterin in der Schachgeschichte, die sich 1921 in Hastings niederließ, jemals einen ernsthaften Versuch unternommen hat, in der englischen Olympiamannschaft zu spielen ist nicht bekannt. Praktisch wäre das in jedem Fall möglich gewesen, denn es gibt bis zum heutigen Tag nach wie vor bei den Männer keine Geschlechterbegrenzung, d.h. es kann ein so genanntes "Offenes Team" nominiert werden.

So kann nur gemutmaßt werden, dass die Engländer in den 1930er Jahren mit Mir Malik Sultan Khan, Conel Hughes Alexander, George Alan Thomas, Philip Stuart Milner-Barry und Harry Golombek einfach doch zu starke Männer hatten, gegen die Vera Menchik, deren höchste historische Elo-Zahl 2535 betrug, zwar in einzelnen Turnierpartien mehr als achtbar abschnitt, (sie gewann u.a. gegen Sultan Khan, Thomas und Alexander), aber für das schwere Olympiaturnier war sie vielleicht doch auch physisch zu schwach.

Was Chantal Chaudé de Silans angeht, so stand sie zu Beginn der 1950 Jahre fraglos in Zenit ihrer Schachkarriere. Bei der Schachweltmeisterschaft der Frauen (1949/1950) in Moskau sah sie beispielsweise am Anfang wie die sichere Siegerin aus (sie gewann u.a. gegen Edith Keller-Hermann), ließ dann aber nach und belegte am Ende den geteilten 5.-7. Platz. Dieser sportliche Erfolg dürfte aber nicht unwesentlich zur Nominierung für die französische Männer-Olympiamannschaft beigetragen haben. Wie Julia Nitzsche aus Rosbach von der Höhe in ihrem ausführlichen Antwortbeitrag schreibt, spielte die Französin, von der das Bonmont stammt "Frauen können nicht fünf Stunden still sein...", 1951 im Züricher Kaufhaus Jelmoli einen Wettkampf gegen Henry Grob. Der damals amtierende Schweizer Meister konnte dieses Match nach einer klaren 3:0-Führung mit Mühe und Not 4,5:3,5 (+3 =3 –2) gewinnen, wobei seine Gegnerin eine scharfe Klinge schlug, wie die folgende Kurzpartie zeigt:

Grob, H. – Chaude de Silans, Ch.
4. Matchpartie, Zürich 1951
Bird-Eröffnung [A03]

1.f4 d5 2.Sf3 Sf6 3.e3 e6 4.b3 c5 5.Lb2 Sc6 6.Lb5 Ld7 7.0–0 Le7 8.d3 0–0 9.Sbd2 a6 10.Lxc6 Lxc6 11.De2 b5 12.Kh1 Tc8 13.g4 d4 14.e4 Sxg4 15.Sxd4 cxd4 16.Dxg4 f5 17.De2 Lb4 18.Tae1 Lb7 19.Dd1 fxe4 20.dxe4 e5 21.f5 Dg5 22.Tf2 Txf5 23.Tg2 Dh6 24.exf5 Lxd2 25.Txe5 Lf4 und Weiß gab auf.

Was der Start in einem Olympia-Männerteam anging, so blieb es für Chantal bei dem einen. 1952 nahmen die Franzosen nicht an der Schacholympiade teil, und wie die Chronik zeigt, hat Madame fortan nur noch bei den Frauen gespielt – dreimal noch bei Kandidatenturnieren und 1957 am 1. Brett bei der Olympia-Premiere der Frauen. Dem Schachspiel blieb sie bis ins hohe Alter treu, und noch mit 70 Jahren spielte Chantal Chaudé de Silans für ihren Schachklub Caissa in Paris, den sie seit 1970 leitete, in der ersten französischen Liga am Damenbrett. Das prominenteste Mitglied dieses Vereins war Exweltmeister Boris Spasski, der dann bei ihrer Beisetzung die Trauerrede hielt.

Zu den richtigen Lösern zählt auch Peter W. Kausche. Allerdings irrt der Jugendwart vom Schachclub Braunschweig Gliesmarode von 1869, wenn er bei Dubrovnik 1950 ergänzt, dass Inge Johannson aus Schweden ebenfalls eine Frau ist. Bei den Skandinaviern führen einen Vornamen bisweilen jedoch auf die falsche Fährte. Die von ihm im schwedischen Team entdeckte Inge ist in Wirklichkeit doch ein Mann gewesen, der insgesamt dreimal für sein Land bei Olympia vertreten war (1950, 1952 und 1958).

Und doch hat eine Schwedin auch schon im Olympia-Männerteam gestanden, und das sogar viermal! Pia Cramling (* 23. April 1963) heißt die Dame, die 1990 in Novi Sad mit bemerkenswerten 7 Punkten aus 11 Partien ihren Einstand bei den Herren gab. 1996 wurde die Großmeisterin, die bei der aktuellen Frauenweltmeisterschaft in Nalchik das Halbfinale gegen Alexandra Kostenjuk erreicht hat, sogar am zweiten Brett eingesetzt und hielt sich auch hier mehr als achtbar (5,5/9). In der Saison 1986/87 hatte Pia Cramling, die bereits mit 15 Jahren 1978 erstmals an der Schacholympiade der Frauen teilnahm und 2003 in Istanbul Europameisterin wurde, übrigens bei Lasker Steglitz Berlin als erste Frau in der Schach-Bundesliga gespielt.

In jedem Fall bei den Männer will in Dresden Judith Polgár (* 23. Juli 1976) starten. Die Ungarin, die bei ihren vier Olympiastarts mit dem Team 2002 in Bled Silber hinter Russland holte und gleichzeitig Bronze für ihre individuelle Leistung an Brett 3 gewann (8,5 Punkte aus 12 Partien/+5 =7), spielt heute ausschließlich bei Männerturnieren. Unvergessen ist dennoch der Sieg der Polgár-Sisters Judit, Zsusza, Zsófia mit Idilkó Madl in Saloniki 1988 mit einem halben Punkt vor den Favoriten aus der UdSSR, den dieser "Hungaria-Express" zwei Jahre später in Novi Sad in einem dramatischen Finale dank besserer Buchholzwertung (344,5:340,5) bei Punktgleichheit (je 35) wiederholte.

Olympia-Broschüre 1960
Sie stand in Leipzig 1960 als einzige Frau unter den 239 Olympia-Teilnehmern aus 40 Ländern fraglos im Mittelpunkt: Madame Anne Marie Renoy-Chevrier aus Monaco

Manchmal kann man sich schließlich auch vom eigenen Gedächtnis täuschen lassen. So ist es unserem fleißigen Mitstreiter Wolfgang Thormann gegangen, bei dem sich schemenhaft das Bild einer Teilnehmerin aus dem Olympiabuch Leipzig 1960 eingegraben hatte. "Ein Griff in meine Bibliothek und ich fand auf Seite 180 das Bild von Madame Renoy-Chevrier aus Monaco mit der Bildunterschrift: Die einzige Frau unter 239 Aktiven...". Wolfgangs Entscheidung für Leipzig 1960 ist, wie wir nun wissen, leider falsch.

In dem von ihm erwähnten Olympiabuch von 1960, das es heute nur noch antiquarisch zu Höchstpreisen geben dürfte, wurde Madame, die durch einen Unfall zum Schach kam, sogar einen extra Textbeitrag gewidmet. Nach einem Leiterabsturz war die gelernte Dekorateurin so unglücklich gefallen, dass sie sich 23 Knochenbrüche zuzog und zwei Jahre lang ans Bett gefesselt blieb. In dieser Zeit hatte ihr Mann ihr das Schachspielen beigebracht. Dass sie in Leipzig im Männerteam Monacos stand war darauf zurückzuführen, dass Anne-Marie seinerzeit die fünftstärkste Spielerin ihres Landes war. Freimütig gestand sie nach ihrem Olympia-Abenteuer Leipzig, bei dem sie in ihren sieben Einsätzen lediglich zwei Remisen verzeichnete:: "Ich bedaure außerordentlich, dass die Männer so viel stärker spielen als wir Frauen, und ich selbst würde mit Vergnügen einen Meister besiegen. Leider habe ich nicht genügend Widerstandskraft..." Für Anne Marie war es dennoch kein Grund, sich vom aktiven Schach zurück zu ziehen, sondern sie nahm drei Jahre später in Split für ihr Land auch an der Frauen-Olympiade teil, wo ihr Zweierteam Platz 14 unter 15 Nationen belegte.

Am Ende wirft allerdings unser interessanter Exkurs in die Chronik der Schacholympiade nicht zuletzt die Frage auf: Welche starke "Schach"-Frau wird in Dresden ihre Chance in einem "Offenen Team" neben Judit Polgár nutzen? Na dann schau’n wir mal und lassen uns in Elbflorenz überraschen...



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