von Michael Bezold
8. April 2002
Die Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften im
Hotel Ibis in Augsburg haben die Hälfte erreicht. Bis jetzt ging es sehr kämpferisch
zu Werke. Die Harmonie zwischen den Teilnehmern ist sehr gut und die alte Römerstadt
Augsburg bietet auch aller Hand Aktivitäten. Den geplanten Zoobesuch wollten die Spieler dann doch und
sie zogen es vor, lieber in der Innenstadt zu flanieren. Manche nutzten auch die Zeit, sich intensiv auf ihr nächsten
Gegner vorzubereiten.
Die 6. Runde brachte auch wieder viele Entscheidungen.
Als erster musste David Baramidze die Segel streichen. Im
Duell mit seinem Jugendnationalmannschaftskollegen Hannes Rau fand er keinen
Plan nach der Eröffnung. Anstatt die Damen zu tauschen und ein Remis
anzusteuern, fischte er im Trüben. Hannes ließ sich die Chance nicht
entgehen, verhinderte von nun an diesen Tausch und baute sich eine äußerst
aggressive Angriffsstellung auf. Ein Läuferopfer auf b3 brach den Widerstand
und obwohl David noch alles probierte, gab es kein Entrinnen mehr. Hannes
schloss mit diesem zweiten Sieg in Folge zum Mittelfeld auf.
Einen schönen Endspielsieg landete der Holländer Erwin
l`Ami gegen den Schweizer Roland Lötscher. In einer Partie mit heterogenen
Rochaden ließ er sich den Bauern auf a2 bei vollem Brett mit dem Läufer
nehmen. AB dieser Phase steuerte er zielstrebig das Endspiel, tauschte alle
Figuren und spielte praktisch mit Läufer mehr, der auf a2 abgeschnitten war.
Etwas länger kämpfen für den halben Punkt musste
diesmal Andreas Schenk. Der holländische IM Karel van der Weide lehnte ein frühes
Remisangebot ab und hatte auch tatsächlich gute Möglichkeiten. Er nutzte sie
aber nicht konsequent und konnte zum Schluss froh sein, dass Andreas mit einem
Dauerschach die Punkteteilung anstrebte. Er hätte als Alternative ein etwas
besseres Endspiel erreichen können.
Seinen ersten Sieg produzierte der ELo Favorit im Feld IM
David Gross. In einer langen Theorievariante behielt er als Weißer gegen FM
Florian Grafl die Initiative. Florian versuchte sich mit einem Bauernopfer zu
befreien. Dies wäre auch fast gelungen, aber ein Trick brachte doch noch den
lang ersehnten Sieg. Für Florian ein kleiner Rückschlag auf dem Weg zur IM
Norm, aber er hat trotzdem noch alle Chancen.
Ein packendes Duell lieferten sich die Turnierleaderin
Eva Moser und Arik Braun. Arik begann wie gewohnt mit dem Doppelschritt des
Damenbauern und die Österreicherin präsentierte diesmal nicht ihr
favorisiertes holländisches System, sondern servierte Arik die Königsindische
Verteidigung auf dem Tablett.
Arik erkämpfte sich eine etwas bessere Stellung bei
deutlichem Zeitvorteil. Aber so richtig Greifbares war nicht zu erzielen. Im
Gegenteil: Als bei beiden die
Zeit knapp wurde, war Eva am Drücker und stellte einige Drohungen auf. Arik
parierte alles und schließlich einigte man sich auf ein gerechtes
Unentschieden.
Durch dieses Remis bestand für Stefan Bromberger die Möglichkeit,
sich mit einem Sieg auf den geteilten ersten Platz zu hieven. Er ließ keinen
Zweifel daran, dass er als Titelverteidiger wieder nach der Krone strebt.
Opfer war einmal mehr der bisher glücklos agierende Ferenc Langheinrich. Im
a6-Slawen brachte er kein Bein auf den Boden und sah sich schon nach wenigen Zügen
einer positionellen Überlegenheit des Weißen ausgesetzt.
Stefan spielte konsequent weiter und verwertete diesen
Vorteil in beeindruckender Weise.
Es wird jetzt interessant sein, wer das größte Stehvermögen
aufweist.
Stefan oder Eva, die beide in Führung liegen? David,
der langsam in fahrt kommt? Oder der bisher sehr sicher agierende IM Karel van
der Weide?
Lassen wir uns überraschen!
Die siebte Runde, die am Sonntagvormittag über die Bühne,
brachte einige Veränderungen an der Tabellenspitze. Wie es der Zufall so
wollte, saßen sich die ersten und die letzten Sechs der Tabelle
gegenüber.
Wieder relativ schnell einigten sich Andreas Schenk und
Stefan Bromberger auf Unentschieden. Es kam die Lb5 Variante im Grünfeld
Inder aufs Brett, beide Seiten zeigten sich gut präpariert und keiner konnte
den anderen überraschen.
Ebenfalls Remis endete die Begegnung Roland Lötscher
gegen David Baramidze. David versuchte sich mit den schwarzen Steinen gegen Katalanisch vernünftig aufzubauen. Er opferte einen Bauern, den
er aber ohne jeglichen Zinsen zurückbekam. Das Endspiel bot keine echten Chancen
mehr.
Diese hatte aber Arik in seinem Match gegen seinen
Nationalmannschaftskollegen Hannes Rau. Hannes spielte gegen das Wolgagambit
etwas zu forsch, übersah eine taktische Wendung, die einen Bauern kostete und
sah sich einem schwer zu haltenden Läuferendspiel ausgesetzt. Arik dachte,
die Stellung sei leicht gewonnen und unterschätzte die Ressourcen in der weißen
Stellung. Schließlich errichtete Hannes eine Festung, die Arik nicht zu stürmen
vermochte, daher Remis!
Langsam in Fahrt scheint der Elo Favorit David Gross
gekommen zu sein. Ganz klassisch überspielte er die bisher sehr souverän
agierende Eva Moser. Im geschlossenen Sizilianer tauschte er alle
Leichtfiguren, bis David eine Stellung mit einem guten Springer gegen einen
schlechten Läufer erreichte. Er manövrierte die Schwerfiguren auf die offene
g und h Linie und zwang Eva Moser zur Aufgabe, als sie keine Möglichkeit mehr
sah, der Turmverdoppelung auf der h Linie etwas entgegen zu setzen.
Auch Ferenc Langheinrich schaffte seinen ersten Sieg. Im
Sizi opferte er mehrere Bauern, um den schwarzen König in der Mitte zu
halten. Ein grober Fehler beendete die Partie etwas zu früh. Anstatt die Dame
im Zentrum zu lassen, wurde sie auf ihr Ausgangfeld befohlen, wo sie ihrem
Monarchen auch noch das letzte Fluchtfeld verstellte. Ein Opfer auf e6 brachte
die Entscheidung. Damit sind die Normchancen des Holländers Erwin LŽAmi wohl
endgültig begraben.
Auch Florian Grafl kam trotz guter Stellung in ein
schlechtes Endspiel, das er nicht halten konnte. So
liegen nach 7 von 11 gespielten Runden die 2 IM s Stefan Bromberger und
Karel van der Weide in Führung, gefolgt von Eva Moser und David
Gross.