| Edith Keller-Herrmann Deutsche Meisterin 1952 |
Das Turnier um die Deutsche Frauen-Schachmeisterschaft 1952, an dem die je acht stärksten Spielerinnen aus dem Westen und aus dem Osten unserer Heimat teilnahmen, gelangte vom 27. Juli bis 13. August 1952 in Schwerin zur Durchführung. Bei der Eröffnung brachten sowohl der Präsident der Sektion Schach der Deutschen Demokratischen Republik, Staatssekretär B a e n d e r, als auch Vizepräsident Stock vom Deutschen Schachbund ihren festen Willen zum Ausdruck, im Schachsport unter allen Umständen weiterhin gesamtdeutsche Wettkämpfe auszutragen, und dadurch die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands zu beschleunigen. Staatssekretär Baender bat alle westdeutschen Sportlerinnen, sich in den spielfreien Stunden von dem tatkräftigen Aufbau in der DDR zu überzeugen.
Die weiten und hellen Räume der Landtagsgaststätten in dem herrlich gelegenen Schweriner Schloß gaben dem Meisterschaftskampf einen schönen Rahmen und waren Schauplatz interessanter und harter Kämpfe auf den 64 Feldern. Wenn es in diesem Jahr auch nicht zu dem erwarteten heißen Duell zwischen den zweifellos besten deutschen Schachspielerinnnen, der Deutschen Meisterin 1949 Friedl Rinder und der Titelverteidigerin Edith Keller-Herrmann kam, so nahm das Turnier doch einen spannungsreichen Verlauf. Friedl Rinder spielte die ersten Partien außer Form und konnte aus den ersten fünf Partien nur zwei Punkte verbuchen, so daß sie praktisch als Titelanwärterin ausschied. Dafür lagen nach den ersten fünf Runden Imkamp, Kastens und Keller-Herrmann mit je 5 Punkten an der Spitze. Doch zeigte der weitere Verlauf auch dieses Turniers, daß das erste Turnierdrittel für den Ausgang noch nicht entscheidend ist.
In der 7. Runde gelang es Edith Keller-Herrmann dann, sich die alleinige Führung vor Kastens zu erkämpfen. Diese Führung ließ sich "Edith" dann nicht mehr entreißen, sondern konnte sich durch eine vorzügliche Leistung bis zur 12. Runde einen Vorsprung von 2½ Punkten sichern. Es wurde ihr aber nicht leicht gemacht, die Partien erforderten größte Konzentration. Schließlich konnte sie beruhigt und gelassen dem Ende des Turniers entgegensehen, da aus den letzten drei Partien nur ein Punkt notwendig war, um Meisterin 1952 zu werden. Die 13. Runde brachte dann bereits die Entscheidung, und aus dem Kampf um die Spitze wurde ein Kampf um die Plätze.
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Sie ließ sich ihren Titel nicht nehmen | |
Edith Keller-Herrmann, die auf Grund ihrer Leistungen zum Vorbild der schachspielenden Frauen geworden ist, hat sich durch eine gleichbleibend gute Leistung den Titel der Deutschen Meisterin für 1952 und zugleich DDR-Meisterin 1952 gesichert. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß sie trotz stärkster Konkurrenz keine Partie verlor, sondern nur an Nüsken, Kastens und Paschke je ½ Punkt abgab. Zum ersten Male gewann Edith Keller die Deutsche Frauen-Schachmeisterschaft in Oeynhausen 1942 vor Stibaner und Schlemmer. Das zweitemal gelang ihr vor Friedl Rinder 5½ Punkte in Seesen 1947 der große Wurf. In Bad Klosterlausnitz 1951 konnte Edith Keller dann den Titel, abermals vor Friedl Rinder erobern und ihn in diesem Jahr erfolgreich verteidigen.
Dieses Turnier dürfte für unsere Meisterin eine gute Vorbereitung für ihre Teilnahme an der diesjährigen Frauen-Weltmeisterschaft in Moskau gewesen sein. Ihr gutes Spiel in Moskau 1950 ist noch in aller Erinnerung und wir dürfen diesmal vielleicht eine noch bessere Leistung erhoffen.
Anna Kastens, im Vorjahre an achter Stelle, sehen wir in diesem Jahr auf Grund ihres guten Positionsspieles und guter Endspielleistungen auf dem zweiten Platz. Durch Energie und Zähigkeit wurde von ihr manche nur gleichstehende Partie gewonnen.
Friedl Rinder begann sehr schlecht. Es muß jedoch hervorgehoben werden, daß sie sich durch eine prachtvolle Energieleistung wieder den zweiten Platz erkämpft hatte, um dann in der letzten Runde noch an Klabunde zu scheitern. Wir sehen sie seit 1947 zum erstenmal weder an erster noch an zweiter Stelle. Die kampffreudigsten Partien wurden aber wohl von der temperamentvollen Kölnerin Maria Imkamp gespielt. Dank ihrer guten Auffassung vom Schach hat sie manch schönen Erfolg errungen.
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16 Schach-Amazonen stellen sich dem Fotografen. Von links nach rechts: Keller-Herrmann, Hörning, Paschke, Klabunde, Imkamp, Baitsch, Ziehr, Redlich, Kupka, Stibaner, Rinder, Nüsken, Daunke, Kastens, Baumann, Kremer | |
Für die Ueberraschungen in diesem Turnier sorgten Berta Klabunde und Ruth B a i t s c h. Bei etwas mehr Selbstvertrauen wird Klabunde eine gefährliche Gegnerin werden. Ihr fünfter Platz ist mehr als beachtlich. Baitsch spielt erst seit vier Jahren Schach, nahm erstmalig an der Meisterschaft teil und zeigte solides Können.
Von den DDR-Vertreterinnen Mira Kremer und Gertrud N ü s k e n hatten wir eigentlich etwas mehr erwartet. Kremer spielte teilweise recht unsicher, während Nüsken einen schlechten Start hatte und auch später nicht richtig in Schwung kommen konnte. Recht unbeständige Leistungen zeigte Elfriede Paschke infolge ihres opferfreudigen Stiles. Ottilie Stibaner wird mit ihrem diesjährigen Abschneiden nicht ganz zufrieden sein. Gute Endspielleistungen zeigte Anna Ziehr, doch wurde manche Partie durch Zeitnot verdorben. Mimi H ö r n i n g konnte mit ihrer bizarren Spielweise nichts besonderes ausrichten, dagegen hat Gerda K u p k a in diesem Jahr mit guten Leistungen aufgewartet. Die fünffache Berliner Meisterin Friedel Redlich war wohl sehr indisponiert, denn der erreichte Platz entspricht nicht ihrem Können. Auch Luise B a u m a n n gelangen infolge Indisposition nur wenige gute Partien. Oft in Zeitnot kam Martha D a u n k e , wodurch mancher Punkt verlorenging.
| Tabelle |
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Edith Keller-Herrmann | | Dresden | x | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 13,5 | Anna Kestens | | Hamburg | ½ | x | 1 | 1 | 1 | 0 | 1 | ½ | 1 | 0 | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 11,0 | Friedl Rinder | | München | 0 | 0 | x | 1 | 0 | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ | 1 | 10,5 | Maria Imkamp | | Köln | 0 | 0 | 0 | x | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ | 0 | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 10,0 | Berta Klabunde | | Berlin | 0 | 0 | 1 | 0 | x | ½ | 0 | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 8,5 | Mira Kremer | | Mühlhausen | 0 | 1 | ½ | 0 | ½ | x | 0 | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ | 1 | 0 | ½ | 0 | 8,0 | Gertrud Nüsken | | Pirna | ½ | 0 | 0 | 0 | 1 | 1 | x | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | ½ | ½ | 1 | 1 | 7,5 | Elfriede Paschke | | Schwarzenberg | ½ | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | 1 | x | 1 | 1 | 0 | 0 | 1 | ½ | 0 | 1 | 7,0 | Ruth Baitsch | | Zell-Harmersbach | 0 | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | 0 | x | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 7,0 | Ottilie Stibaner | | Frankfurt/Main | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | x | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | 1 | 6,0 | Anna Ziehr | | Seeshaupt | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | 1 | ½ | ½ | x | 1 | ½ | 0 | 1 | ½ | 6,0 | Mimi Hörning | | Magdeburg | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | 0 | x | 0 | 1 | 0 | ½ | 5,5 | Gerda Kupka | | Ammendorf | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | 0 | 1 | ½ | 1 | x | 1 | ½ | 0 | 5,5 | Friedel Redlich | | Berlin | 0 | ½ | 0 | 0 | 0 | 1 | ½ | ½ | 0 | ½ | 1 | 0 | 0 | x | 0 | 1 | 5,0 | Luise Baumann | | Erfurt | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | 1 | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | x | 0 | 5,0 | Martha Daunke | | Berlin | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | 0 | 1 | x | 4,0 |
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Quelle: SCHACH 15/1952, S.229/230